Die Möwe

8. April 2017, 21:58

Das Theater in der Josefstadt in Wien setzt sich in seinen ersten Premieren unter dem neuen Direktor Herbert Föttinger programmatisch mit der Frage auseinander: Wozu Theater? Nach Turrinis "Mein Nestroy" und vor Bernhards "Der Theatermacher" hatte am 12. Oktober 2006 ein Theaterklassiker Premiere: "Die Möwe" von Anton Tschechow. In der Hauptrolle der Arkadina ist Theaterstar Andrea Eckert zu sehen.

Mehr dazu in Ö1 Inforadio

Der Standard

In Hans-Ulrich Beckers Inszenierung von "Die Möwe" am Wiener Josefstadt-Theater wird Doktor Anton Tschechow, der denkbar ungerührteste, aber eben auch unerbittlichste aller Menschenliebhaber, als Dramatiker entmannt - und dafür zum Feuilletonschreiber "honoris causa" erhoben. Tschechow war naturwissenschaftlich pedantisch: Man darf ihn unnachgiebig, auch überpräzise nennen.

Nur dass er ein Leitartikelschreiber gewesen sei: ein popkultureller Deutungskünstler für gemütsschwache Aussteiger aus der Leistungsgesellschaft, die in schäbigen Kaufhof-Kostümen den "Summer of love" nachwippen, während ein paar Ich-Schwächlinge aus der Enkelgeneration rundherum Bier saufend und Laptop-tippend zuschanden gehen - das erstaunt dann doch.

Die Presse

Das soll eine Komödie sein? Eine Schauspielerin tyrannisiert ihre Angehörigen so lange, bis sich ihr Sohn erschießt. Klar, das Komödiantische liegt in der Lächerlichkeit. Trotzdem vermisst man gerade bei Tschechow oft den Humor. In seinen beiläufigen Dialogen macht sich gern Langeweile breit.

Im Theater in der Josefstadt möchte man jetzt ein wenig moderner sein. Daher beginnt Tschechows "Möwe" wenigstens heiter. Ein Bühnenarbeiter betätigt die Nebel-Maschine. Ein junger Dichter zappelt nervös herum. Die Hauptdarstellerin erscheint nicht.