Auf dem zweiten Bildungsweg zur Kunst
Doris Diensthuber, Grafikdesign & Fotografie
Interesse am Künstlerischen hatte sie von Kindheit an: Doris Diensthuber, Jahrgang 1972, die seit 2002 an der Kunst-Uni Linz Grafik-Design und Fotografie studiert. Ihre interaktive Arbeit "re:call phone" wurde bei der heurigen Ars Electronica gezeigt.
27. April 2017, 15:40
"Mein Urgroßvater war Druckgrafiker, mein Vater hat gemalt - von daher gab es Impulse. Schon als Kind habe ich Bildgeschichten gezeichnet und sie dann verschenkt. Das Interesse am Künstlerischen war immer da. Ich wusste schon in der Schule, dass ich danach etwas Künstlerisches machen möchte. Auch die Werbung hat mich fasziniert. Aber ich habe nach dem Abschluss sehr bald einen guten Job bekommen und blieb dort hängen.
Erst nach meiner Kinderpause habe ich mich dann entschlossen, nicht mehr in meinen alten Beruf zurück zu kehren, sondern das zu machen, was ich wirklich möchte und auch gut kann. So habe ich die HAK-Matura in der Abendschule nachgeholt und schließlich die Aufnahmeprüfung an der Linzer Kunst-Uni gemacht", erzählt Doris Diensthuber, gebürtige Steirerin, Jahrgang 1972, die seit 2002 an der Kunstuniversität Linz Grafik-Design und Fotografie studiert.
Nach der Höheren Bundeslehranstalt für wirtschaftliche Berufe machte die Nachwuchskünstlerin zunächst ein Praktikum am Zollamt Steyr und war dann bis 1994 für Ausfuhrmanagement und Controlling in der Zollabteilung der Firmen Steyr Landmaschinentechnik und Steyr Nutzfahrzeuge AG zuständig. Seit ihrem Studienbeginn arbeitet die mittlerweile alleinerziehende Mutter, die zwei Kinder im Alter von neun und elf Jahren hat, an der Kunst-Universität Linz. So ist sie in den letzten zwei Jahren als Tutorin in den Bereichen Photoshop, Freehand und BSM Mac sowie als Studienassistentin tätig.
Darüber hinaus arbeitet die Kunststudentin auch als Pressefotografin und als Webredakteurin für die Uni-Homepage. "Ich bekomme noch ein Stipendium und habe das Glück, an der Universität arbeiten zu können, wo ich mir die Zeit etwas einteilen kann", schildert Doris Diensthuber, die nun im neunten Semester ist und im Frühjahr 2007 ihr Studium abschließen wird.
Plakate, Fotografie und interaktive Kunst
"Ich mache alles, was mir an der Uni möglich ist - also von Plakaten, über Fotografie bis zur interaktiven Kunst. Die meisten Erfahrungen habe ich bisher im Grafik-Design, konkret der Plakatgestaltung mit Schrift und Bild", berichtet die junge Künstlerin.
"In der Studienrichtung Grafik-Design und Fotografie haben wir das Glück, dass Marek Freudenreich, ein sehr bekannter und international renommierter polnischer Plakatkünstler, hier lehrt. Bei ihm habe ich die ersten drei Jahre intensiv gearbeitet - und sehr viel gelernt", stellt die ambitionierte Künstlerin über den Leiter des Studienzweiges Grafik-Design und Fotografie am Institut für Medien fest.
Klare, einfache Aussage
"Ich versuche bei meinen Arbeiten, immer eine klare, einfache Aussage zu haben. Verbunden mit einer guten Idee, die manchmal witzig ist, und manchmal zum Nachdenken anregen soll - jedenfalls soll der Betrachter zwei Mal hinschauen", beschreibt Diensthuber den Zugang zu ihren Arbeiten.
Ausstellungen
Arbeiten der Nachwuchskünstlerin waren bisher u.a. bei einer Gemeinschaftsausstellung im Österreichischen Kulturforum Warschau 2004, einer Kooperation zwischen der Linzer und der Warschauer Kunstuniversität, wo u.a. ihr Plakat "Warschau" zeigte zu sehen.
Im März dieses Jahres war sie beim Kunst-Uni-Fest "Frühlingserwachen" mit Fotoarbeiten vertreten: sie fotografierte Besucher, bearbeitete die Aufnahmen danach im Fotoshop, wobei die Gesichter in schwarz-weiß umgefärbt wurden und fügte Bilder von Blumen ein. Die Besucher erhielten dann die ausgedruckten Exemplare. Dieses Projekt wiederholte Diensthuber im Sommer beim "Krone-Fest".
Mit "re:call phone" bei Ars Electronica
Ihre bisher wichtigste Arbeit war das interaktive Projekt "re:call phone", das heuer im Rahmen des Linzer Theaterfestes sowie bei der Ars Electronica zu sehen war: "Diese Arbeit besteht aus einer selbstgebauten Telefon-Zelle aus Feinmetall und hat die Form eines Telefonhörers. Integriert ist darin ein Monitor, sowie ein Rechner, der verdeckt ist. Mittels eines Wandtelefons aus den 1950er Jahren wählt man eine Jahreszahl - z.B. 1972 - und sieht dann einen Film aus diesem Jahr zum Thema Telefon, erhält also die Information, welchen Standard das Telefon damals hatte. Mitunter gibt es auch einen Ausschnitt aus einem bekannten Film aus dem jeweiligen Jahr", erläutert Diensthuber.
Und inzwischen hat die Stadt Linz ihr Interesse an diesem Projekt des Bereichs Medien-Archäologie bekundet und so finden derzeit Ankaufsgespräche statt.
Wichtiger Bereich Fotografie
Zur Fotografie hat Doris Diensthuber einen ganz starken Bezug. In diesem Bereich arbeitet sie einerseits in Verbindung mit den Plakaten, andererseits aber auch ganz experimentell mit verschiedenen Kameratypen, die von der Camera obscura über selbstgebastelte Dosenkameras bis hin zur Digitalkamera reichen.
"Im Gegensatz zu meinen grafischen Arbeiten sind meine Fotografien eher verträumt und romantisch. Bisher wurden sie im Rahmen verschiedener Lehrveranstaltungen eingesetzt, waren aber bisher leider noch in keiner Ausstellung zu sehen."
Als freischaffende Künstlerin leben
Nach dem aufwendigen "re:call phone"-Projekt macht die Nachwuchskünstlerin eine Schaffenspause und bereitet nun ihre Diplomarbeit vor, die sich mit der Plakat-Kunst befassen wird.
Welche Wünsche hat sie für die Zukunft? "Ich möchte mich nach dem Uni-Abschluss selbständig machen. Es gibt auch bereits Anfragen zu Gestaltung von Webseiten sowie für Produktkataloge. Für die Zukunft wünsche ich mir, dass ich noch lange Spaß und Freude an meiner Arbeit habe - und davon auch leben kann", so Doris Diensthuber.