Zwei Methoden im Vergleich
Skalpell versus Katheter
Eine der häufigsten Ursachen für das Auftreten eines Schlaganfalls ist eine durch sklerotische Ablagerungen verengte Halsschlagader. Wird eine derartige Karotis-Verengung rechtzeitig erkannt, gibt es zur Behebung der Situation zwei Optionen.
8. April 2017, 21:58
Wird eine Karotis-Verengung rechtzeitig erkannt, gibt es zur Behebung der mitunter lebensbedrohlichen Situation zwei Optionen: Die Desobliberation, die chirurgische Rekanalisierung des verschlossenen Gefäßabschnittes, indem die Ablagerungen sozusagen aus dem Gefäß "geschält" werden.
Die zweite Option ist die Angioplastie, die Aufdehnung des verengten Gefäßes mittels eines Katheters. Im Zuge dieser Dilatation wird an die vormals verengte Stelle eine scherengitterartige Prothese, ein so genannter Stent eingebracht, der einen neuerlichen Verschluss verhindern soll.
Altes und junges Verfahren
Im Vergleich zur chirurgischen Wiedereröffnung, die bereits seit 40 Jahren praktiziert wird und immer weiter entwickelt wurde, ist die Dilatation ein relativ junges Verfahren, doch scheint dieses Verfahren die konventionelle Operation bei hochgradiger Karotis-Stenose zunehmend zu verdrängen.
Ein Grund dafür ist, dass diese Methode für die Patienten weniger belastend ist als die Operation, wiewohl diese heute bereits ohne Narkose nur unter örtlicher Betäubung durchgeführt werden kann.
Zwei Methoden im Vergleich
Nun wurden die beiden Verfahren erstmals in einer Studie hinsichtlich ihrer Komplikations- und Erfolgsraten verglichen. Ausgehend von der Tatsache, dass heute immer häufiger aufgedehnt als operiert wird, hätte man annehmen müssen, so Wolfgang Lalouschek von der Wiener Universitätsklinik für Neurologie, dass mit der Dilatation bessere Ergebnisse erzielt werden als durch die Operation und dass andererseits die Dilatation eine geringere Komplikationsrate als die Operation aufweise.
Doch gerade das Gegenteil habe die Studie gezeigt: In den Detailanalysen der Studienergebnisse hatte die Operation sozusagen leicht die Nase vorn. Warum wird dann häufiger dilatiert als operiert? Es stecken weltweite finanzielle Interessen dahinter, sagt Lalouschek. Es sei unbestritten dass die Firmen, die die Katheter-Systeme und die Stents produzieren, von dieser Entwicklung profitieren.
Warum eine Methode bevorzugt wird
So würden heute in vielen Spitälern und an vielen Abteilungen Stent-Eingriffe gemacht, die nicht eindeutig wissenschaftlich indiziert seien. Und auch wenn mit dieser ersten großen Studie, die über fünf Jahre gelaufen ist, noch nicht das letzte Wort in der Causa "Operation versus Aufdehnung" gesprochen ist, so sei laut Lalouschek zu fordern, dass die Entscheidung auf Grundlage des derzeitigen Wissenstandes und nicht aufgrund wirtschaftlicher Interesse zu treffen sei.
Bei der hochgradigen Karotis-Stenose sei nach derzeitigem Stand des Wissens die Operation das Standard-Verfahren. Im Einzelfall kann man sich, wenn der Patient etwa im einem sehr schlechten Allgemeinzustand ist und eine Operation zu belastend wäre, wenn Vernarbungen im Bereich des Halses vorliegen oder wenn der Patient im Bereich des Halses bestrahlt wurde, für die Aufdehnung entscheiden, sagt der Neurologe. Die hohe Zahl der Aufdehnungen, die man heute beobachten könne, lasse sich aber längst nicht durch derartige Indikationen erklären.
Download-Tipp
Ö1 Club-DownloadabonnentInnen können die Sendung "Dimensionen" vom Freitag, 29. September 2006, 19:05 Uhr zum Thema "Aufdehnung versus Operation" nach der Ausstrahlung 30 Tage lang im Download-Bereich herunterladen.