Sommerferien aus dem Baukasten
Der Pauschalurlaub
Der klassische Pauschalurlaub, sei es am Mittelmeer, sei es in Österreich, verliert immer mehr an Bedeutung. Internet und Billig-Airlines bieten den Menschen eine neue Mobilität. Fast ein Drittel der Sommergäste kommt bereits mit dem Flugzeug nach Österreich.
8. April 2017, 21:58
Dieter Toth, Verkehrsbüro
Für die großen Reiseveranstalter stellt die klassische Pauschalreise, also zwei Wochen Urlaub am Strand aus dem Katalog gebucht, immer noch das wichtigste Segment ihres Angebotes dar. Doch diese meist lange im voraus gebuchten Reisen verlieren zunehmend an Bedeutung.
Einige Veranstalter beklagen Rückgänge bei den Pauschalreisen von bis zu 25 Prozent innerhalb weniger Jahre. Statt dessen hat das Internet auch in der Tourismuswirtschaft seinen Siegeszug angetreten: Die Konsumenten buchen nun vermehrt Flüge, etwa mit einer der zahlreichen europäischen Billigfluglinien, und suchen gleich über das Internet ein meist qualitativ hochwertiges Quartier dazu.
Spot-Märkte auch in der Tourismusbranche
Der Reisemarkt ist in Bewegung, die altbewährte Pauschalreise hat langsam ausgedient, neue Buchungsformen werden die Zukunft der Tourismuswirtschaft bestimmen. Die Kunden wollen nicht mehr ein Jahr im Voraus einen bestimmten Urlaub zu einem bestimmten Preis buchen, sondern fragen: Was kostet das, und zwar jetzt.
"Es bildet sich auch bei den Reisen ein sogenannter Spot-Markt", sagt Verkehrsbürovorstand Dieter Toth. Spot-Märkte also nicht nur für Produkte wie Rohöl sondern künftig eben auch im Tourismus.
Doch die angesprochene Entwicklung hat in Wahrheit längst begonnen, der Kunde lässt sich nicht mehr mit Pauschalangeboten abspeisen. Die Zusammensetzung muss immer individueller werden, nach den Wünschen der Kunden gestaltet. Die Billigairlines ermöglichen dabei maßgeschneiderte Angebote.
Rapider Wachstum beim Billigfluglinien
Derzeit gibt es in Europa über 50 Low-Cost-Carrierer, und sie haben nicht nur den etablierten Fluglinien Kunden streitig gemacht, sondern ganz neue Kundengruppen erschlossen.
Durch ihr Angebot wurde neue Nachfrage erzeugt: Um 19 Euro nach Mailand fliegen, dort im teuren Hotel übernachten und um 700 Euro Schuhe kaufen, erklärt Heinz Joachim Schöttes von Germanwings, ein Low-Cost-Carrier der seit vier Jahren am Markt ist und von Köln und Stuttgart Ziele in Österreich anfliegt.
Wie fast alle Billigfluglinien hat Germanwings ein rapides Wachstum hinter sich, getrieben von Passagieren die vorallem das Internet als Informationsquelle entdeckt haben: "80 Prozent der Passagiere buchen über das Internet, 20 Prozent über das Call-Center", sagt Schöttes, der den Boom der Low-Cost-Carrier trotz explodierender Treibstoffkosten noch nicht gebrochen sieht. Es werde noch zehn Jahre weiter aufwärts gehen, und es werden immer neue Ziele angeflogen.
Salzburg, ideales Ziel
Der Flughafen Köln-Bonn ist zu einer Drehscheibe im Billigfluggeschäft geworden, als Einzugsgebiet das Ruhrgebiet starten gleich mehrere Billigfluglinien von Köln aus, darunter etwa HLX Hapag Lloyd Express, sie bieten zum Beispiel regelmäßgie Verbindungen nach Salzburg an, eine Stadt die in Österreich ganz besonders von den Low-Cost-Airlines profitiert.
"Die schnelle Anreise, die Erreichbarkeit machen zum Beispiel Salzburg immer attraktiver", sagt der Präsident der österreichischen Hoteliervereinigung Sepp Schellhorn, der in den Billigairlines den Hauptgrund für eine Veränderung im Buchungsverhalten der Gäste sieht:
Kurzfristige Buchungen über einen Fenstertag sind der gegenwärtige Trend, Österreich wird für Deutsche zum Dritturlaubsland, nach klassischen Sommerzielen und dem Winterurlaub, aber Gäste, die mit Low-Cost-Carriern anreisen, sind durchaus gern gesehene Gäste, sie geben mehr Geld aus. Die Österreichische Hoteliervereinigung hat dazu Zahlen erhoben: Im Sommer gibt der Gast, der mit dem Billigflieger kommt, im Schnitt EUR 138,- pro Tag aus; der Gast, der mit dem Auto kommt, nur EUR 105.-.
Noch viele Möglichkeiten offen
Noch werden aber etwa für den österreichischen Tourismus nicht alle Potentiale der Low-Cost-Carrier ausgeschöpft, kritisiert ÖHV-Chef Schellhorn. Aus Deutschland kommen bereits 32 Prozent der Hälfte mit Low-Cost-Carriern, aus Spanien oder Italien aber noch viel zu wenige. Das Potenzila liegt bei 25 Prozent.
Potenziale die zunehmend auch die großen Reiseveranstalter interessieren: Sie sind auf der Suche nach neuen Gästen und versuchen diese mit neuen Methoden zu gewinnen, um die Verluste bei der klassischen Pauschalreise auszugleichen.
Auch hier spielt das Internet die zentrale Rolle, so setzen Reiseveranstalter längst nicht mehr nur auf den Reisekatalog, sondern bieten ihre Hotels im Netz an. Dabei kommen Online-Bewertungen der Hotels durch Gäste ganz besonders gut an und haben sich als wesentliches Entscheidungsmerkmal herausgestellt.
Und noch eine Strategie verfolgen die großen Reiseveranstalter: Sie steigen selbst bei Billigfluglinien ein, um auch die neuen Formen des Reisens anbieten zu können.
Mehr zu Reisebuchung per Internet in oe1.ORF.at
Hör-Tipp
Saldo, Freitag, 21. Juli 2006, 9:45 Uhr
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