Emanzipation in Medien ungenügend

Kroatiens Bild der Frau

Mit einem neuen Gesetz zur sozialen Gleichberechtigung der Geschlechter passt sich Kroatien EU-Standards beim Thema Gender an. Medien können empfindlich bestraft werden, sollten sie Frauen weiter in der Rolle des attraktiven Hausmütterchens darstellen.

Das kroatische Parlament hat ein neues Gesetz zur Gleichberechtigung der Geschlechter bewilligt, das erstmals mit empfindlichen Geldstrafen auf sexuelle Diskriminierung am Arbeitsplatz, in Schulbüchern, Medien oder in der Politik reagiert. Politische Parteien müssen in Zukunft mindestens 40 Prozent ihrer Posten weiblich besetzen.

Während Einzelpersonen oder Arbeitgeber für sexuelle Diskriminierung mit Geldstrafen zwischen umgerechnet 700 und 48.600 Euro rechnen müssen, sind Medien mit bis zu 139.000 Euro Strafe für diskriminierende Berichte oder Werbeschaltungen konfrontiert.

Höchststrafen für Diskriminierung in Medien

Zdenko Duka, Präsident der ältesten und größten kroatischen Journalismusvereinigung Hrvatsko Novinarsko Drustvo (HND) in Zagreb ist darüber verärgert. Bei einer Summe in dieser Höhe seien kleine Zeitungen existenzgefährdet, sogar die Medienfreiheit im Allgemeinen glaubt er durch Geldstrafen in dieser Höhe gefährdet.

Die schärfste Diskriminierung sieht er bei Frauen nicht in den Medien, sondern in der Arbeitssuche.

Dass gerade Medien und Rundfunkanstalten die höchsten Strafen für sexuelle Diskriminierung zahlen sollen, mutet paradox an, betrachtet man das Geschlechterverhältnis der Journalistinnen und Journalisten.

Mehr weibliche Journalisten
"Es gibt heute viel mehr Frauen als Männer, die im Journalismus tätig sind", so Duka. Laut einer Studie der European Federation of Journalists 2006 waren in Kroatien 45 Prozent der journalistischen Stellen mit Frauen besetzt - fünf Prozentpunkte mehr als in Österreich. Duka schätzt die Zahl für Kroatien heute jedoch auf bis zu 60 Prozent.

Den Grund dafür sieht er eher nicht in Gleichberechtigungstendenzen, sondern der schlechten Bezahlung in dieser Berufssparte - Männer würden eher besser bezahlte Jobs suchen und auch eher bekommen.

Reale Umsetzung größte Aufgabe
Auch Jasminka Pesut von der NGO Centre for Women's Studies aus Zagreb, die sich in einer Arbeitsgruppe der Regierung zum Thema Gender am Gesetzesentwurf beteiligte, bestätigt die Diskriminierung von Frauen oder homosexuell orientierten Menschen am Arbeitsplatz für 2007 als die am stärksten wahrgenommene. Im Vergleich zu 2006 haben die Beschwerden deswegen sogar noch zugenommen, meint sie.

Generell ist Pesut mit dem Gesetz zufrieden, das im Zuge der notwendigen Harmonisierung mit den EU-Standards verabschiedet wurde. Die größte Herausforderung sei jedoch die reale Umsetzung in einer Gesellschaft, die diesem Thema bisher keine große öffentliche Anerkennung gezollt hat:

"Unsere Richter haben immer noch keine Erfahrung im Umgang mit Gender -Diskriminierung", so Pesut.

Wichtig sei zu erkennen, "dass es in der kroatischen Gesellschaft bisher substantiell an Gleichberechtigung der Geschlechter fehlt, nicht nur am Formellen, inklusive dem Gesetz."

Dazu müssten "Medien wie auch Politik das Thema öfter und mit mehr Kompetenz aufgreifen", fordert sie.

Patriarchales Bild in den Medien
Kompetenz beim Thema Gender schreibt eine länderübergreifende Studie des Media Centre Sarajevo den kroatischen Medien nicht zu:

Bei allen Veränderungen, die süd-osteuropäische Staaten durchlaufen haben - das überkommende Gesellschaftsbild in den Medien hat sich gehalten, lautet das ernüchternde Fazit des 2006 herausgegebenen Berichts.

Medien spiegeln, repräsentieren und schlussendlich verwirklichen immer noch jene stereotypische Geschlechtererrollen und Identitäten, die von einer konservativ-patriarchalen Ideologie geformt wurden. In diesem Gesellschaftsbild sei Politik und jedes andere seriöse öffentliche Engagement eine exklusive Männerdomäne, während die den Frauen zugeschriebene Rolle in sich im Privatbereich und der Unterhaltung abspiele, so die Studie.

Kroatien nicht fairer als Bosnien-Herzegowina
Trotz gravierender Unterschiede in ökonomischen und soziopolitischen Entwicklungen der einzelnen Länder sei beispielsweise zwischen Kroatien und Bosnien-Herzegowina und Serbien kein Unterschied festzustellen, wenn es um den oben beschriebenen medialen Diskurs der Geschlechterrollen geht, zeigte eine Auswertung von ausgewählten regionalen Tageszeitungen aus jenen Ländern.

Experten immer männlich?
Als weiteres interessantes Ergebnis zeigte sich, dass Männer in den Medien stets als autonomes Individuum präsentiert und gesehen wurden, während Frauen nur selten von der Familie losgelöst portraitiert werden. "Es gibt eine eindeutige Tendenz dahingehend, Frauen im Kontext von Familienbeziehungen zu situieren, auch wenn es in dem Artikel eindeutig um den Beruf dieser Frau geht", so die Autoren.

Schlussendlich kontaktieren Journalisten zu 90 Prozent Männer, wenn sie Kommentare zu sozialen oder politischen Themen benötigen, und reproduzieren somit das Bild des ausnahmslos männlichen Experten so die Studie, und rät daher dringend, auch Journalisten mehr Wissen über Gender-Mainstreaming zu vermitteln. Das wiederum könnte in Zukunft kleine Zeitungen vor dem finanziellen Ruin retten.

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