Zum 150. Todestag von Heinrich Heine - Teil 1
Das Herz des Dichters
"Der Dichter ist der Mittelpunkt der Welt", so sieht sich Heinrich Heine selbst. Er litt unter den ungerechten politischen und sozialen Verhältnissen der Zeit. In seinem vielfältigen Werk propagierte er die Freiheit und die Emanzipation des Menschen.
8. April 2017, 21:58
Heinrich Heine gilt als einer der bedeutendsten Lyriker Deutschlands. Sein Gedicht über die "Loreley" zählt zum "Schatzkästchen" deutscher Lyrik; die Gedichtsammlungen waren Verkaufsschlager.
Er schuf den lyrischen "Heine-Ton" - eine Mischung aus spöttischen, ironischen, oft sarkastischen Versen - der sich über die zeitgenössischen Philister lustig machte. In anderen Gedichten besang er die Intensität sinnlicher Genüsse. Für ihn versüßen "Ambrosia, Purpurmäntel, kostbare Wohlgerüche, Wollust und Pracht, lachender Nymphentanz, Musik und Komödien" das Leben im "ganz Falschen" der sich anbahnenden Industriegesellschaft.
Er wurde zum politischen Ärgernis, zur "Wunde Heine", weil er die soziale Ungleichheit, die politische Unterdrückung und den Antisemitismus anprangerte.
Der junge Heine
Geboren wurde Heine im Dezember 1797. Ein genaues Geburtsdatum ist nicht bekannt. Er selbst verlegte es auf den 1. Januar 1800, weil er damit kokettierte, "einer der ersten Männer des Jahrhunderts" zu sein. Über Heines erste Lebensjahre ist wenig überliefert.
Harry Heine - so sein Geburtsname wuchs in einem bürgerlichen, jüdischen Elternhaus auf und besuchte ein Gymnasium in Düsseldorf, wo er die Tradition der Spätaufklärung kennen lernte. Trotz der relativ liberalen Haltung der Düsseldorfer Gesellschaft gegenüber den jüdischen Mitbürgern wurde Heine schon früh mit antisemitischen Äußerungen konfrontiert.
Später wechselte er zu einer Handelsschule und arbeitete in Hamburg bei seinem Onkel Salomon Heine, der ihn weitgehend finanziell unterstützte. Salomon Heine war einer der reichsten Bankiers Deutschland, der wenig Verständnis für Heines literarische Ambitionen zeigte.
In dieser Zeit entstanden bereits die ersten Gedichte Heines, die er 1827 im "Buch der Lieder" versammelte. Darunter fand sich sein berühmtes Gedicht über die "Loreley".
Bonn, Göttingen und Berlin
1819 begann Heine ein Studium der Rechtswissenschaften in Bonn und wechselte nach Göttingen - in dieses "gelehrte Nest" mit seiner Ansammlung "patenter Pomadenhengste, Prachtausgaben wässriger Prosaiker und plastisch ennuyanter Gesichter".
1821 ging er nach Berlin, wo er bis 1823 studierte und Vorlesungen von Georg Wilhelm Friedrich Hegel hörte. Hegel war für Heine der "tiefsinnigste deutsche Philosoph".
In Berlin suchte Heine den Kontakt zu literarischen Zirkeln und war Gast im Salon der jüdischen Intellektuellen Rahel Varnhagen und Karl August Varnhagen von Ense. In Rahel Varnhagen fand er eine Geistesverwandte, "eine Lehrmeisterin des Herzens", die er zeit seines Lebens verehrte.
Auseinandersetzung mit der jüdischen Tradition
Der Kontakt mit jüdischen Intellektuellen bestärkte Heines jüdisches Selbstbewusstsein. 1822 trat er dem "Verein für die Kultur und Wissenschaft der Juden" bei, dem einige Schüler Hegels angehörten.
Die Auseinandersetzung mit der jüdischen Tradition findet sich in dem Romanfragment "Der Rabbi von Bacharach", der die Vertreibung eines Rabbis aus einem deutschen Dorf schildert. 1825 promovierte zum Doktor der Rechte und ließ sich taufen.
Den Vornamen Harry ersetzte er durch Heinrich. Mit der Taufe wollte Heine das "Entree-Billett" zur gehobenen Gesellschaftsschicht erlangen; dieser Versuch schlug freilich fehl.
Mehr zu Heinrich Heine in oe1.ORF.at:
Heine - der freie Geist
Heine und Frankreich
Heine - der Kämpfer
Hör-Tipp
Radiokolleg, Montag, 13. Februar, bis Donnerstag, 16. Februar 2006, 9:30 Uhr
Download-Tipp
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Buch-Tipps
Heinrich Heine, "Sämtliche Gedichte in einem Band", Insel, ISBN 3458172750
Heinrich Heine, "Deutschland. Ein Wintermärchen", dtv, ISBN 3423026324
Heinrich Heine, "Das Buch der Lieder", Anaconda, ISBN 3938484489
Jan-Christoph Hauschild, "Heinrich Heine", dtv Band 3
Jan-Christoph Hauschild/Michael Werner: "Heinrich Heine", dtv, ISBN 3423310588
Bernd Kortländer, "Heinrich Heine", Reclam, ISBN 3150176387
Joseph A. Kruse, "Heinrich Heine. Leben. Werk. Wirkung.", Suhrkamp Basis Biographie, ISBN 3518182072
Christian Liedtke, "Heinrich Heine", Rowohlts Monographien, ISBN 3499506858
Ludwig Marcuse, "Heinrich Heine Melancholiker, Streiter in Marx, Epikureer", Diogenes, ISBN 3257065051
Ralf Schnell, "Heinrich Heine zur Einführung", Junius Verlag, ISBN 388506930