Ein Besuch bei Keramikkünstlerin Iris Brendel
Installationen der Zerbrechlichkeit
"Das Leben hat auch damit zu tun, dass man lernt, mit Niederlagen und Enttäuschungen umzugehen", sagt Iris Brendel, und ihre Lebensgeschichte unterstreicht dies: schwierige Kindheitsjahre, das Scheitern einer Ehe und der Kampf um ihre Gesundheit.
8. April 2017, 21:58
Die Künstlerin über ihre Arbeit und deren Wertschätzung
Geboren in Berlin, 1933 bis 1951 Buenos Aires, Argentinien - Lehramt, Sprachen, seit 1951 in Wien, 1959 Diplom an der Akademie für angewandte Kunst bei Professor Obsieger.
So die kurzen, biografischen Angaben zu Iris Brendel, die bei ihren zahlreichen Ausstellungen im In- und Ausland zu lesen sind. Hinter diesen wenigen Zeilen verbirgt sich freilich eine Familiengeschichte, die "für jeden Groschenroman geeignet wäre", wie sie selbst bei ihrem Gespräch für die "Menschenbilder" anmerkt.
Ein bewegtes Leben
"Ich will nichts beschönigen", sagt die in Wien lebende Deutsche: "Das ist nicht meine Art. Das Leben hat eben auch mit Verlusten, mit Abschieden, mit Niederlagen zu tun ..."
Und sie beginnt, zu erzählen: von Geschichten aus einer bewegten Kindheit, Geschichten von einer lebhaften, fantasiebegabten Mutter, die in Künstlerkreisen verkehrte, einem Vater, dem die Frauen zu Füßen lagen und den sie im Rückblick als "Hochstapler" bezeichnet, einer Gouvernante, die den Kindern stets hilfreich zur Seite stand und einem einem charismatischen, erfolgreichen Großvater, der in Argentinien sein Geld machte und dessen Leben dennoch tragisch endete.
Seit mehr als 50 Jahren ist nun Österreich ihr Zuhause. 15 Jahre lang war sie mit dem heute weltberühmten Pianisten Alfred Brendel liiert, einige Jahre waren sie verheiratet. Darüber - so scheint es beim Gespräch in ihrer Atelierswohnung - will sie aber nur ungern reden: "Ich habe es Ihnen ja gesagt", erklärt sie entschuldigend, "das Leben hat auch damit zu tun, dass man lernt, mit Niederlagen und Enttäuschungen umzugehen".
Wo Form keinem Zweck dient ...
Das Wort Keramikerin sollte man in diesem Lande, in dem die Angewandte Kunst ignoriert und Arbeiten aus Ton nicht einmal ignoriert werden, am besten mit einer Namensänderung umschreiben: "Objektemacherin" oder "Arrangeurin von Installationen der Zerbrechlichkeit".
"Ich führe den Namen 'Bildhauerin', dabei bin ich doch eher Bild-Dreherin - Drückerin und Formerin. Gehaut werden bei mir nur die Tonballen vor der Verwendung", erzählt sie pointiert und mit viel Humor von ihrer Liebe zur Keramik. Der kritische Unterton ist im Gespräch freilich nicht zu überhören:
"Vielleicht kennen Sie das umstrittene Zitat von Braque: Kunst ist nur Kunst, wo Form keinem Zweck dient und der relative Nutzen aufhört' ... das spuckt uns zeitweise angewandten Künstlern natürlich gehörig in die Suppe".
Magische, zerbrechliche Gebilde
In ihrer Wohnung sind nicht nur viele Keramik-Arbeiten von unterschiedlichen Künstlerinnen und Künstlern zu sehen, auch Bilder, Radierungen, Masken, alte Möbel, die zum Teil noch von ihrer Mutter stammen - Gegenstände und Objekte aus vielen Ländern und unterschiedlichen Kulturkreisen. Auch ihre eigenen Keramik-Arbeiten sind dabei - magische, zerbrechliche Gebilde in hellen Farben, kleine runde Formen, rätselhafte Figuren, oft mit Flügeln; auffallend darunter: ein kunstvoller "Narrenturm" aus Keramik, ein Klavierspieler mit langen Armen, aufwändig gestaltete Keramik-Köpfe von Mozart, Bach und Schubert.
Bei diesen Kunstgegenständen kommt auch ihre Liebe zur Musik zum Ausdruck, denn erst als sie nach ihrem Gesangs-Studium in Wien mit namhaften Chören auf Konzertreisen die selbst gesteckten Ziele nicht erreicht hatte, suchte sie nach neuen Betätigungsfeldern und wandte sich den Möglichkeiten der künstlerischen Gestaltung mit den Händen - der Keramik - zu.
Ein Platz an der Sonne
In New York, Köln, Wien, Faenza und an vielen anderen Orten waren ihre Keramik-Arbeiten bislang ausgestellt. In einem Text zu einer Ausstellung ihrer Keramik-Arbeiten schrieb sie einmal:
Jeder, der sich mit den Elaboraten seiner Kunst in der Öffentlichkeit präsentiert, bildet sich ein, einen Platz an der Sonne zu verdienen. Mögen ihre Strahlen mir gnädig sein!
Eine schwere Krankheit hindert sie leider derzeit am Weiterarbeiten. Bleibt zu hoffen, dass sie bald wieder als "Bildformerin und Dreherin", als "Arrangeurin von Installationen der Zerbrechlichkeit" tätig wird.
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