Der Witz des Irrtums

Unter ferner Oliven

Der Spracherwerb ist langwierig. Zunächst klingt alles irgendwie gleich. Nur "Mama" und "Papa" mag da herausstechen. Über das Stolpern im sprachlichen Erfahren der Welt: die "Hosenarie" von Mozart, Beethovens "Erotica" und andere "Mistverständnisse".

Roman Kellner, Autor des Buches "Von Eisbärsalat bis Knöchelverzeichnis", war Mitte zwanzig, als einer seiner hartnäckigsten Verhörer aufgedeckt wurde. Fußball hatte ihn nie sonderlich interessiert. Dennoch saß er mit Freunden zusammen, um einem Fußballmatch via Fernsehen beizuwohnen. Dann berührte der Ball eine Hand. "Heinz!" rief Roman Kellner aus. Die Freunde erkundigten sich nach dem genauen Wortlaut. Roman Kellner wiederholte: "Na, Heinz!"

Heute ist Roman Kellner Mitte dreißig und hat ein Büchlein geschrieben mit dem Untertitel "Die besten Verhörer der deutschen Sprache". Ob es nun tatsächlich die besten sind, liegt im Ermessen der Leserin und des Lesers. "Unterhaltsam", merkt der Autor im Vorwort an, "sind sie allemal". Im Großen und Ganzen hat er damit recht. Von Verhörern mit Wiedererkennungswert bis zu solchen, die man nicht für möglich gehalten hätte, ist vieles dabei.

… und des Heiligen Geistes …

Armin. Eigennamen dienen Kindern häufig zur Überbrückung ansonsten unüberwindbarer Sinnschluchten. Was sind "Marmor" und "Marme"? Mamagugelhupf und Mamalade scheinen gleich viel plausibler. Das Hallelujah in der Kirche ist ein einziges Rätsel - flugs wird es zu "Hallo, Julia!" umgebaut. Überhaupt werden zur Erforschung der Sprache oft allzu einfache Hilfsmittel gebraucht. Das Nächstliegende hat die Funktion, das Übernächste anschaulich zu machen. Dass dabei ein Familienkipferl, ein Brathündchen und ein Kammernbär herauskommen, ist wenig verwunderlich.

I drah di o, Ö3

All diese "Mistverständnisse" haben eines gemeinsam: Es sind "strukturelle Verhörer", wie sie die Freundin des Autors und Co-Autorin Elisabeth Gräf nennt - einmal falsch Verstandenes hat sich in den passiven Wortschatz geschlichen und ist dort hängen geblieben. Gerade noch in die Sammlung aufgenommen wurden so flüchtige Irrtümer wie Elisabeth Gräfs "drei Vorstrafen" am Wiener Gürtel (dreispurige Hauptverkehrsader, Anm.).

Gonz ala

In den unterhaltsamen Bändchen finden sich noch jede Menge anderer wohlbekannter und unvermuteter Verhörer. Einer der in Österreich verbreitetsten ist wohl: "… wenn i an Walzer tanz alan …", eine Zeile aus Reinhard Fendrichs "I am from Austria". Richtig heißt es: "sag i am End der Welt voll Stolz - und wenn ihr wollt’s a ganz alan: I am from Austria …" - ein kapitaler Irrtum also.

Der Austropop wird sehr breit abgehandelt. Missverstandene Liedtexte sind jedoch kein österreichisches Spezifikum (siehe Links). Und auch keines des Genre Pop - Johann Strauß hat denn in den Ohren so mancher Musikgenießer den "Achtgenerationen-Walzer" komponiert, die Werke von Wolfgang Amadeus Mozart, des Erfinders der "Hosenarie", sind im "Knöchelverzeichnis" versammelt, und Beethovens dritte Symphonie heißt "Erotica".

Download-Tipp
Ö1 Club-Mitglieder können die Sendung nach Ende der Live-Ausstrahlung im Download-Bereich herunterladen.

Buch-Tipp
Roman Kellner, "Von Eisbärsalat bis Knöchelverzeichnis", Ueberreuter Verlag, ISBN 3800071207

Links
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Am I right
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Die Keulquappen