Austro-tunesische Alltags-Impressionen

Fremd in Österreich

Sie gelten als die Nachfahren der Karthager und bezeichnen sich deshalb auch als mediterranes Volk. Die kleine Community versucht ihre maghrebinischen Wurzeln nach Mitteuropa zu integrieren. Impressionen aus dem austro-tunesischen Alltag.

Was ist ein "G'scherter"?

Erste Station ist ein Nachmittagstee mit Pistazien, Erdbeeren und Baklava bei Familie El Gueyed samt Freunden in Wien Josefstadt. Abdelwahed El Gueyed ist vor fast 20 Jahren von seinem Onkel in den diplomatischen Dienst nach Wien gelockt worden. Und er hat es nicht bereut. "Die Sicherheit und die Toleranz hier machen mich zufrieden, die Kritik an Österreich kommt eigentlich immer von den österreichischen Medien selbst."

Makhtoub

Obwohl der Journalist bei der Kuwait News Agency sich geschworen hat, niemals eine Europäerin zu heiraten, verliebte er sich in eine Kärtnerin und hat nun zwei Kinder mit ihr. Das sei eben Makhtoub, also Schicksal, erklärt sein Freund Jameleddine Ben Abdel-Jelil.

Der Arabist an der Universität Wien kam vor über zehn Jahren zum Studium nach Österreich. Er hat wie sein Freund El Gueyed ein besonderes Verhältnis zu Kärnten, genauer zu Spital an der Drau und Umgebung, das er als nicht so anonym wie die Großstadt Wien empfindet. "Du wirst angesprochen, die Leute tuscheln über dich, man kennt dich nach zwei Tagen!"

Tunesien = Kärnten?

Wenn ja, ist es kein Wunder dass es interkulturelle, familiäre Probleme zwischen Tunis und Klagenfurt in seiner Ehe eigentlich nicht gebe. Auch nicht interkonfessionelle, betont der, wie er sagt - eigentlich schon gläubige - Muslim Abdelwaheb El Gueyed.

Der 40-Jährige holt sich Tunesien und den gesamten arabischen Raum via Sat-TV ins Haus. Er möchte, dass sein Sohn, wenn schon Cartoons, dann auch arabische Zeichentrickfilme anschaut. Außerdem hat er seiner Frau ein Ultimatum gestellt: "Wenn sie bis Jahresende immer noch kein Couscous kochen kann, dann ... schicke ich sie in einen Kochkurs", erklärt er lächelnd und seiner Gerda zuzwinkernd.

Chez Rachid

Das tunesische Spezialitätenrestaurant "Chez Rachid“ am Wiener Karlsplatz ist eine gute Wahl für das Nationalgericht aus Hartweizengrieß. "Das Schnell-Couscous aus der Packung ist zu vergessen. Die richtige Zubereitung erfordert viel Geduld und Liebe!", erklärt Besitzer Rachid Sfax. Der 60-Jährige ist seit mehr als zwei Jahrzehnten begeisterter Österreicher und deklarierter Fan von volkstümlicher Musik made in A.

Im Bereich Austroklischees hat der auf der Insel Djerba Geborene ambitionierte Pläne. "Für nächstes Jahr plane ich ein Bierzelt in Tunesien. Glauben Sie mir, sowohl die deutschen Gäste als auch die Tunesier werden diese Art österreichischer Kultur lieben!" Steirermen also gut und nett für Djerba oder Hammamet!

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