Wider die Resignation

Die Erklärung von Bern

"Jute statt Plastik" war eine Erfindung von Schweizer Theologinnen und Theologen. Die Mitglieder der "Erklärung von Bern" waren auch die ersten, die fair gehandelten Kaffee nach Europa brachten. Seit 1968 sind sie in Sachen globaler Gerechtigkeit unterwegs.

Weltweit gehen jährlich um die 50 Milliarden Dollar durch Steuerhinterziehung für die Länder des Südens verloren. Allein durch die Schweiz erleiden die Länder des Südens einen Steuerausfall von 7,5 Milliarden Franken. Diese Summe entspricht dem Fünffachen der öffentlichen Entwicklungshilfe der Schweiz, stellten die Fachleute der Erklärung von Bern fest.

Kein Spendenverein für die Dritte Welt

Die Organisation arbeitet für solidarische Entwicklung in den Bereichen Wirtschaft, Kultur, Ernährung, Ökologie und Fair Trade - aber nur in der Schweiz. Die EvB, wie der politisch und konfessionell unabhängige Verein genannt wird, hat 18 angestellte Mitarbeiter und 19.000 zahlende Mitglieder. Und es werden eher mehr als weniger, sagt Beat Dietschy, langjähriger Präsident der Erklärung von Bern. Die EvB macht Lobbyarbeit für eine solidarische Globalisierung. Das werde von einer breiter werdenden Öffentlichkeit geschätzt.

Mit dem Projekt Banktrack etwa startete die Erklärung von Bern mit dreizehn anderen NGOs ein internationales Programm, um zu verfolgen, ob Banken die ökologischen und sozialen Verpflichtungen, die sie unterzeichnet haben, auch wirklich einhalten. Aber das ist nur eines der vielen verschiedenen Projekte: die Erklärung von Bern lanciert hat, wie zum Beispiel auch die "Clean Clothes Campagne".

Christliches Projekt

Die Erklärung von Bern tritt zwar nüchtern und säkular auf, doch sie ist ein zutiefst biblisch inspiriertes Projekt. Die Initialzündung kam 1964, mitten im Wettrüsten des Kalten Krieges vom reformierte Pfarrer Andre Bieler. Entscheidend für die Erklärung von Bern waren auch die neuen kirchlichen Entwicklungen in den 60er Jahren. Im Ökumenischen Rat der Kirchen ergriffen damals erste Vertreter der Länder des Südens das Wort, und 1963 tagte der Ökumenische Rat der Kirchen zum ersten Mal nicht in Genf, sondern in Delhi.

1968 unterzeichneten 1.000 Personen, die meisten von ihnen reformierte Theologen, in Bern eine entsprechende Erklärung, die sich an den Schweizer Bundesrat richtete. Dass heute im Supermarkt fair gehandelten Kaffee verkauft wird, ist der Erklärung von Bern zu verdanken. Denn 1974, sechs Jahre nach der Gründung der Initiative, beschloss man, Taten zu setzen.

Lobbying für Menschen

Es ging bei den Aktionen der Erklärung von Bern nie um Wohltätigkeit, sondern darum, die Strukturen in der Welt und in den Köpfen der Menschen zu verändern, mit anderen Worten, in der reichen Schweiz Lobbyarbeit für jene Menschen zu leisten, die aufgrund wirtschaftlicher und politischer Strukturen in Armut leben müssen. Eines der bekanntesten Projekte der EvB war die Aktion Jute statt Plastik, die 1976 gestartet wurde.

Auch an der Kampagne für Bananen, die zu sozial fairen und das heißt auch ökologisch guten Bedingungen gehandelt werden, hat sich die Erklärung von Bern beteiligt. Es hat mehr als 20 Jahre gedauert, doch heute erhält man in vielen Supermärkten Bananen mit einem Bio- und einem FairTrade-Siegel.

Wir sind verantwortlich

Der Einsatz hat sich gelohnt. Es ist nicht mehr so einfach für Firmen, ethische Kriterien zu umgehen - sei es bei Sportschuhen oder bei Staudämmen

Ob sich die Erklärung von Bern gegen Steuerflucht stark macht oder für einen fairen und giftfreien Anbau von Blumen eintritt, ob es um die Preise von Medikamenten in Entwicklungsländern handelt, immer geht es um dasselbe: um die Gestaltung einer gerechten, menschendienlichen Welt. Verantwortlich für die Gestaltung dieser Welt sind die Menschen, wer sonst.