Die Rote Armee und die "Operation Radetzky
Die Schlacht um Wien
Am 6. April 1945 erreichen die Vorkommandos der dritten ukrainischen Front den Stadtrand Wiens. Eine Woche wird die Schlacht um die Stadt dauern, fast 4.000 Menschen kommen dabei um: Wehrmachts-Soldaten, Rotarmisten und Zivilisten.
8. April 2017, 21:58
Die Wienerin Elke Szebestien erinnert sich
Im Frühjahr 1945 erreichen sowjetische Truppen erstmals das Gebiet des heutigen Österreich. Ziel der großangelegten Angriffs-Operation ist die Eroberung von Wien. Dabei geht es um die Zerschlagung des faschistischen großdeutschen Reiches, es geht aber auch um mehr: Für die Zeit nach 1945 will die sowjetische Führung die wichtigsten Positionen besetzen. Nicht nur Berlin, sondern auch Wien, die zweite Hauptstadt des Deutschen Reiches, soll unter Kontrolle der Roten Armee stehen.
Wien soll eingekesselt werden
Um die Bundeshauptstadt einzukesseln, besetzen die sowjetischen Truppen - von Süden kommend - den Wienerwald und die Wiener Westeinfahrt. Am 6. April beginnt der Angriff auf die Stadt. An der Haupt-Verteidigungslinie in Favoriten und Simmering kommt es zu schweren Zusammenstößen. Im Westen stößt die Rote Armee dagegen nur auf geringe Gegenwehr und erreicht schon am 8. April den Gürtel.
Bis zum 10. April ziehen sich Wehrmacht und Waffen-SS hinter den Donaukanal zurück, wo es dann zu den schwersten Kämpfen während der Schlacht um Wien kommt. Am 13. April setzt die Rote Armee bei Klosterneuburg Truppen über die Donau. Die deutsche Führung erkennt jetzt die drohende Einkesselung und zieht sich fast fluchtartig zurück - die Schlacht um Wien ist zu Ende.
"Operation Radetzky
Eine österreichische Widerstandsgruppe rund um Major Carl Szokoll plant die kampflose Übergabe der Stadt an die Rote Armee. Die Gruppe schickt einen Boten zum sowjetischen Kommando nach Hochwolkersdorf in Niederösterreich. Unmittelbar vor Beginn wird die sogenannte "Operation Radetzky aber veraten. Führende Köpfe der Verschwörung werden verhaftet und hingerichtet.
Sowjets sehen sich als Befreier
Die sowjetische Führung versucht während der Kämpfe, die Bevölkerung auf ihre Seite zu ziehen. In einer Deklaration des Kommandanten der dritten ukrainischen Front, Marschall Fjodor Tolbuchin, heißt es:
Die Rote Armee hat den Boden Österreichs betreten, nicht um österreichisches Gebiet zu erobern. Ihr Ziel ist ausschließlich die Zerschlagung der feindlichen deutsch-faschistischen Truppen.
Beim Vormarsch der Roten Armee kommt es aber zu Plünderungen, Morden und Vergewaltigungen, die das Klima später nachhaltig belasten.
Aber auch die Deutschen verüben bei ihrem Abzug Gräueltaten: Zahlreiche Deserteure und mutmaßliche Verräter werden hingerichtet. In der Förstergasse entdecken sie einige Juden, die bis zum Kriegsende in einem Keller versteckt waren. Die neun Menschen werden erschossen und in einen Bombentrichter geworfen - nur wenige Stunden, bevor die Rote Armee das Haus erreicht.
Schwere Verwüstungen
Acht Tage lang hat die Schlacht um Wien gedauert - relativ kurz im Vergleich etwa zu den Schlachten um Budapest, Breslau oder Stalingrad. Trotzdem werden bei den Kämpfen und den vorhergehenden Luftangriffen schwerste Zerstörungen angerichtet: 47.000 Gebäude werden im Krieg beschädigt; das sind 28 Prozent der gesamten Bausubstanz. Jede achte Wohnung ist nicht mehr benützbar. 120 Brücken sind zerstört.
Buch-Tipp
Erich Klein, "Die Russen in Wien - Die Befreiung Österreichs", Augenzeugenberichte und über 400 unpublizierte Fotos aus Russland, Falter Verlag, ISBN 3854391412
Download-Tipp
Ö1 Club-Mitglieder können die Sendung am Ende der Live-Ausstrahlung im Download-Bereich herunterladen.
Link
falter.at - "Lern schnell Russisch" (Artikel)