Faschismus, Nationalsozialismus, New Deal

Entfernte Verwandtschaft

Im Vergleich wird vieles klarer und begreifbar. Daher wählte Wolfgang Schivelbusch diese Form, um soziale, politische und kulturelle Zusammenhänge darzustellen. In seinem neuen Buch geht um eine wirtschaftlich, soziale und letztlich allgemein-kulturelle Niederlage.

Der deutsche Kulturhistoriker Wolfgang Schivelbusch geht in seinem aktuellen Buch den Verwandtschaftsverhältnissen von Mussolinis Faschismus, Hitlers Nationalsozialismus und dem New Deal - dem aggressiven staatlichen Reformprogramm - unter dem amerikanischen Präsidenten Franklin Roosevelt nach. Er räumt freilich ein, dass es nach wie vor an Blasphemie grenzt, diese drei in einem Atemzug zu nennen. Der Grund dafür: Das System, das 1945 unterlag, repräsentierte den Gipfel an Vernichtungspolitik. Es fiel nicht schwer, es als das einmalig Böse zu bezeichnen.

Parallelen der Methoden

Die Parallele, so Wolfgang Schivelbusch, besteht nicht in der Ideologie, sondern in den Methoden der Propaganda und Manipulation. Es ist etwa wohl bekannt, dass Mussolini und Hitler vor den versammelten Massen so zu sprechen verstanden, dass jeder einzelne sich direkt angesprochen fühlte.

Eine weitere Gemeinsamkeit erkennt der Kulturhistoriker im Monumentalismus industrieller Großprojekte. Dabei führt er die deutsche Autobahn und die Trockenlegung der Sümpfe bei Rom an. Das allein von der Fläche ehrgeizigste Projekt stellte Roosevelts Tennessee Valley Authority dar, die Sanierung eines 100.000 Quadratkilometer großen Landstrichs im amerikanischen Süden, der sich über sieben Bundesstaaten erstreckte.

Maßnahmen und Reformen

Franklin Roosevelt setzte 1933 die erste Welle der New-Deal-Reformen, in seinen ersten 100 Tagen, mit einem amerikanischen Parlament durch, das sich aus Verzweiflung über die Wirtschaftskrise im Wesentlichen selber entmachtet hatte. Der eklatante Unterschied zwischen Europa und den USA bestehe darin, so Wolfgang Schivelbusch, dass Roosevelt es eben schaffte, alle Maßnahmen und Reformen ohne totalitäre Mittel durchzusetzen.

Die Gründe dafür erkannte schon Alexis de Tocqueville, der im 19. Jahrhundert im Auftrag Frankreichs das amerikanische System studierte. Sie liegen in der amerikanischen Seele begründet, und seien heute genau so gültig wie vor 200 Jahren.

Buch-Tipps
Wolfgang Schivelbusch, "Entfernte Verwandtschaft", Hanser Verlag, ISBN 3446205977