150.000 Patienten aus aller Welt

Billige High-Tech-Medizin

Indien wird eher mit heiligen Kühen assoziiert als mit High-Tech-Medizin. Doch in den letzten Jahren hat man in Indien zahlreiche private Krankenhäuser gebaut, die jährlich von 150.000 Medizin-Touristen aus der ganzen Welt aufgesucht werden.

Howard Staab, ein 53-jähriger Amerikaner erfährt, dass er an einer lebensbedrohlichen Herzkrankheit leidet. Die Ärzte schlagen vor, seine kranke Herzklappe durch die eines Schweins zu ersetzen. Kosten: bis zu 200.000 Dollar.

Wie rund 50 Millionen US-Bürger hat Howard Staab keine Krankenversicherung. Es ist für ihn unmöglich, diese Summe aufzubringen. Er findet dennoch einen Ausweg: Indien. Einschließlich Flugkosten und Abstecher zum Tadsch Mahal zahlt er am Escort Heart Institute and Research Centre in Delhi nur 10.000 Dollar.

Patienten kommen vorwiegend aus dem arabischen Raum

In den letzten Jahren hat man in Indien zahlreiche private Krankenhäuser gebaut, die jährlich von 150.000 Medizin-Touristen aus der ganzen Welt aufgesucht werden. Am Madras Institute of Orthopaedics and Traumatology beispielsweise hat man letztes Jahr 1600 ausländische Patienten behandelt, berichtet der Gründer und Leiter P.K.A. Mohandas.

Bisher kommt die größte Gruppe aus dem arabischen Raum. Siegfried Weller, ein Tübinger Mediziner, der die Klinik mit aufgebaut hat, schwärmt von den ausgezeichneten Ärzten und der modernen Technik, die ihnen zur Verfügung steht. Vom Service ganz zu schweigen: den arabischen Patienten kocht man ihr gewohntes Essen, hält arabische Fernsehkanäle bereit und organisiert Einkaufs- und Besichtigungstouren.

Immer mehr Europäer und Amerikaner

Seit rund einem Jahr reisen auch mehr und mehr Patienten aus Europa oder den USA an, um sich hier behandeln zu lassen. Den Vergleich mit den Kliniken im Westen brauchen die indischen Spitzenkrankenhäuser nicht zu scheuen.

Das Escort Heart Institute beispielsweise kann höhere Erfolgsraten bei Bypassoperationen aufweisen als das New Yorker Presbyterian Hospital, im dem sich Ex-Präsident Bill Clinton vor wenigen Monaten einen Bypass legen ließ. In zehn Jahren, so ist man in Indien überzeugt, werden ganze Flugzeugladungen mit Patienten aus dem Westen kommen.

Was im IT-Bereich vor 20 Jahren begann, zeichnet sich jetzt für den Gesundheitsbereich ab. Warum sollte man medizinische Dienstleistungen nicht ebenso outsourcen, wie Programmierjobs? Euphorisch spricht man von einer sunrise-industry.

Spitzenqualität zum günstigen Preis

Die indischen Krankenhausbetreiber sehen sich als Bypass für die Kostenspirale in den Industrieländern. Laut einer Mc-Kinsey-Studie werden sie bald mehr als zwei Milliarden Dollar jährlich mit ausländischen Patienten verdienen.

Der Gründer der größten asiatischen Krankenhauskette Prathap C. Reddy ist überzeugt, dass Indien noch mehr bietet als Spitzenqualität zum günstigen Preis. "Indien hat das Beste aus dem Osten und dem Westen. Unser Krankenhaus in Madras ist das erste in Indien und vielleicht sogar weltweit, in dem eine ganze Abteilung der Komplementärmedizin gewidmet ist."

Das Angebot reicht von Musiktherapie über Meditation, Yoga und Ayurveda bis hin zu Homöopathie und Reiki. Auch der Kardiologe Naresh Trehan verfolgt integrative Heilungskonzepte und sieht die Zukunft in einer Kombination von Schulmedizin und traditioneller Medizin. "In zehn Jahren werden die Behandlungen sicherer für die Patienten sein, effizienter und billiger, denn wir müssen die Gesundheitskosten weltweit reduzieren."

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Links
Escort Heart Institute and Research Centre
Madras Institute of Orthopaedics and Traumatology
Apollo-Hospitals