Management und Spiritualität - ein Widerspruch?

Spiritualität und Wirtschaft

Fragen nach Sinn und Werten in der globalen Wirtschaft standen im Mittelpunkt eines Symposiums in Laxenburg, an dem u. a. Vertreter von Kirchen und Glaubensgemeinschaften, Wirtschaftsexperten, Psychologen, Philosophen und Sozialwissenschaftler teilnahmen.

Statement des Philosophen Konrad Paul Lissmann

Kann Wirtschaft bei ihrem Bestreben auf Gewinnmaximierung überhaupt ethisch und sozial verträglich handeln? Gibt es in der Wirtschaft so etwas wie eine gemeinsame soziale Verantwortung? Welche Werte werden in der Zukunft für die Wirtschaft handlungsleitend sein?

Symposium über Sinn und Werte

In Zeiten der "new economy", in der schrankenlosen neoliberalen Ökonomie mit ihrer Betonung des Marktes als wichtigster Regulationsmechanismus, wird ethisches Handeln zum Minderheitenprogramm, sagen Kritiker. Andererseits werden von Wirtschaftstreibenden immer häufiger Fragen nach der Ausrichtung auf einen größeren Sinn und daraus resultierende Werte gestellt.

In Laxenburg haben sich Vertreter von Kirchen und Glaubensgemeinschaften, Manager, Zukunftsforscher, Psychologen, Ethiker, Philosophen und Sozialwissenschafter im Rahmen des Symposions "Management und Spiritualität" mit Fragen nach Sinn und Werten in der globalen Wirtschaft beschäftigt.

"In eine Beziehung investieren"

Der Philosoph Konrad Paul Lissmann spricht von einer zunehmenden Ökonomisierung der Gesellschaft, von einer Durchsetzung aller Segmente der Gesellschaft mit dem Sinnkriterium der Wirtschaft, das alle anderen Zielsetzungen menschlichen Handelns außer Kraft setze. In der Alltagssprache merke man die Ökonomisierung der Gesellschaft sehr deutlich, so Lissmann. Etwa in der Redewendung: "in eine Beziehung investieren“. Diese Ökonomisierung mache auch auch vor den Bereichen der Moral und dem Raum des Heiligen nicht halt, meint Lissmann.

Spiritualität - der neue Markt

Dieser globalen Priorität der Ökonomie stehen aber immer häufiger alternative Konzepte gegenüber. Denn es gebe im modernen westlichen Wirtschaftsleben so etwas wie Sinnleere, modern gesprochen würde man dies vielleicht als "burn out" bezeichnen. Sinn und Werte der Ökonomie würden hinterfragt. Eine neue Spiritualität wird in Manager-Seminaren als eine Art Gegenbewegung propagiert.

Spiritualität ist ein boomender Markt mit Versatzstücken aus den unterschiedlichsten religiösen Traditionen. Der Markt der Spiritualität ist noch keineswegs klar strukturiert. Spiritualität soll sozusagen als Motor herhalten, um Wirtschaftstreibende im vielfach kurzlebigen und auf raschen Profit ausgerichteten Wirtschaftsleben zu ethischen Handlungsweisen zu motivieren.

"Aussteigen" ist eine häufige Reaktion von Managern auf die Sinnleere und Perspektivenlosigkeit in ihrem Job. Doch: Welche Angebote an die offensichtlich vorhandene Nachfrage nach Spiritualität können die Weltreligionen anbieten? Jede Religion hat einen eigenen, spezifischen Zugang.

Alternative Konzepte

Die Österreichische Industriellenvereinigung versucht seit einigen Jahren, das Prinzip CSR für die Unternehmer schmackhaft zu machen. CSR steht für Corporate Social Responsibility, also für die soziale, gesellschaftliche und ökologische Verantwortung von Wirtschaftsunternehmen. Natürlich sei ethisches Handeln auch gut für die Imagekonzepte von Unternehmen. Auf den Aktienmärkten hätten Unternehmen, die sich stark mit dem Nachhaltigkeitsmodell identifizieren, die bessere Performance, so der Theologe Christian Friesl von der Industriellenvereinigung.

Ethische Geldanlagen sind ein anderes alternatives Konzept, das zunehmend für Anleger interessant wird, die an Nachhaltigkeit und sozial und ökologisch verträglicher Wirtschaft interessiert sind. Ethische Geldanlagen und Corporate Social Responsibility, zwei Beispiele für mögliche zukunftsweisende Wirtschaftskonzepte, die die tiefe Kluft zwischen der auf Gewinnmaximierung ausgerichteten Wirtschaft einerseits und der Sinnsuche andererseits zu überbrücken versuchen.

Der Ökonomisierung der Gesellschaft entgegenzuwirken: Dazu haben die Religionen allerhand anzubieten - und auch der wachsende Markt der Esoterik. Spirituelle Konzepte haben Hochsaison. Woraus sich ethisches Handeln der Wirtschaft in Zukunft speisen wird, bleibt aber abzuwarten.

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