Malgrund - Leinwand und Papier

Farbe, Pinsel, Staffelei

Künstler und Künstlerinnen haben meist eine besondere Beziehung zu ihren Werkzeugen. Sie kaufen nur ganz bestimmte Sorten von Papier, Leinwand, Farbpigmenten oder Pinsel. Die Materialien der Künstler sagen viel über die damit hergestellten Werke aus.

Immer wieder haben Maler ihren Leinwänden viel zugemutet- von Edward Munch etwa ist überliefert, dass er auf seine Bilder getreten ist, wenn sie auf den Boden gefallen waren und meinte, das müssten sie aushalten.

Yves Klein, der mit reinem Pigment monochrome Bilder schuf, befestigte in den fünfziger Jahren eine seiner berühmt gewordenen kobaltblau bemalten Leinwände auf dem Dach seines Autos und fuhr von Paris an die Cote d’ Azur.

Im Katalog zur aktuellen Ausstellung in der Frankfurter Schirnhalle steht zu lesen:

Das blaue Bild war während der Fahrt dem Wetter ausgesetzt. Bei Paris war es kalt, je näher er dem Süden kam, desto wärmer wurde die Luft. Manchmal war es windig, dann wieder regnete es oder es schien die Sonne. All diese Witterungen musste die bemalte Leinwand aushalten. Und was kam dabei heraus: Ein Gemälde mit verschwommenen Feldern, mit gebleichten Stellen und Flecken. Es sieht aus wie ein gemalter Wirbelsturm in der Nacht.

Und Yves Klein sagte: "Hitze Kälte Wind und Regen ließen meine Leinwand vorzeitig verwittern. Ich hatte in einem Tag erreicht, wozu sonst 30 oder 40 Jahre nötig gewesen wären."

Der künstliche Alterungsprozess

In unterschiedlichen Epochen der Geschichte wurde das Alter eines Kunstwerkes jeweils anders bewertet. Künstliche Alterungsprozesse wurden nicht immer nur verwendet, um höhere Preise zu erlangen, oft war auch ein bestimmter Ausdruck, eine besondere Aura, das Ziel, so Manfred Koller, Restaurator und Kunsthistoriker.

Die Schönheit einer leeren Leinwand

Das russische Maler Wassily Kandinsky schrieb in den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts über die leere Leinwand:

"Scheinbar wirklich leer, schweigend, indifferent. Fast stumpfsinnig. Tatsächlich: voll Spannung mit tausend leisen Stimmen, erwartungsvoll. Etwas erschrocken, da sie vergewaltigt werden kann. Aber fügsam. Sie tut gerne, was man von ihr verlangt, bittet nur um Gnade. Sie kann alles tragen, aber nicht alles vertragen. Wunderbar ist die leere Leinwand- schöner als manches Bild."

"Die weiße Fläche spielt natürlich eine große Rolle, weil sie nicht Fläche ist, sondern Raum. Das ist in der europäischen Kunst eigentlich mit der Zeit verloren gegangen. Die ganze Entwicklung der Malerei im Westen ist ja eigentlich auf eine Auflösung des Raums aus gewesen. Zugunsten des Interesses für Material und Wirkung der Farbe auf uns Betrachter", schreibt der Maler Roman Scheidl.

Glückliche Menschen

Albert Paris Gütersloh schrieb in sein Tagebuch: "Die Malerei ist etwas für glückliche Menschen, ob sie nun die Hervorbringer derselben sind oder ihre Genießer. Es wird Bilder geben, solange es Glückliche gibt, und solche dürften immer wieder auftauchen, entweder aus einem Meer von Dummheit oder aus einem Tümpel der Intelligenz, die mit ihrer eigenen Libelle genug hat. Der Unglückliche hingegen stürzt sich in den Abgrund des Wortes."

Download-Tipp
Ö1 Clubmitglieder können die komplette Sendereihe am Donnerstag, dem 11. November nach Ende der Live-Auststrahlung des vierten Teils im Download-Bereich herunterladen.