Behandel- aber nicht heilbar
Wenn's kribbelt, juckt und reißt...
Gerade wenn man entspannt in den Schlaf gleiten will, beginnt es in den Beinen zu ziehen und zu brennen. Aufstehen und Herumgehen hilft, das unangenehme Gefühl wieder loszuwerden. Typische Anzeichen für "Restless Legs" - das Syndrom der ruhelosen Beine.
8. April 2017, 21:58
Mehr als 900.000 Österreicher sollen an dem "Restless-Legs-Syndrom" leiden. Ein Beispiel:
Sobald sie ruhig saß oder lag, begannen Waltraud Moldaschls Unterschenkel bis auf die Knochen zu schmerzen. Die Ärzte tippten auf ein Venenleiden.
Sie konnte nicht mehr schlafen, musste nachts immer wieder aufstehen und herumgehen, um das Ziehen und Brennen aus ihren Beinen zu vertreiben. 21 Jahre dauerte es, bis die jetzige Leiterin einer Selbsthilfegruppe die richtige Diagnose bekam: "ruhelose Beine".
Störung des Dopamin Stoffwechsels
Die Ursache für die "ruhelosen Beine" ist eine Störung im Dopamin-Stoffwechsel im Gehirn, der für die Bewegungs-Steuerung verantwortlich ist.
Das Dopamin sinkt zwischen 22:00 Uhr und 2:00 Uhr früh auf seinen niedrigsten Stand ab - diese Zeitspanne erleben auch Restless-Legs-Patienten als besonders schlimm. Frauen sind mit 13 Prozent fast doppelt so häufig von der Störung betroffen wie Männer mit sieben Prozent.
Vererbt oder Begleiterkrankung?
Zum Großteil sind die "ruhelosen Beine" erblich bedingt, zum Teil gibt es auch Begleitkrankheiten, die das Symptom auslösen. Dazu gehören Wirbelsäulenerkrankungen, aber auch die Urämie - eine schwere Nierenfunktionsstörung - sowie Rheumatismus und Diabetes.
Der stärkste Einfluss auf die ruhelosen Beine, so der Neurologe Dieter Volc, geht von einer Störung im Eisenstoffwechsel aus. Sie muss deshalb meist mitbehandelt werden.
500 Beinbewegungen pro Nacht
Bei Waltraud Moldaschl hat der Ruheschmerz in den Beinen das soziale Leben stark verändert: lange Busfahrten oder Konzert- und Theaterbesuche wurden unmöglich. Auch an gesunden Schlaf war nicht mehr zu denken. "Ich war total fertig", sagt sie heute über diese Jahre.
Ein Besuch im Schlaflabor bei Bernd Saletu am AKH-Wien konnte aufklären, woher die Schlafstörungen kamen. Im Schlafdiagramm zeigten sich fast 500 Beinbewegungen pro Nacht - Muskelkontraktionen im Unterschenkel, die Moldaschl den Schlaf raubten.
Medikamentöse Hilfe
Um Restless Legs gezielt zu behandeln, gibt es seit kurzem ein eigenes Medikament. Es greift in den Dopamin-Stoffwechsel ein und führt schon in der ersten Nacht zu einem besseren Schlaf, wie auch das Schlafdiagramm beweisen kann.
Bis sie wieder ruhig schlafen konnte, dauerte es bei der Selbsthilfegruppen-Leiterin aber einige Wochen - sie musste das Durchschlafen erst wieder lernen. Heute schläft sie "wie ein Baby".
Je nach Schätzung sind zehn bis 25 Prozent aller Menschen, die an Restless Legs leiden, behandlungsbedürftig, vor allem jene, die dauernd mit dem Schmerz in den Unterschenkeln zu kämpfen haben. Heilbar ist die Störung nicht.
Auslöser
Viele leiden auch nur vorübergehend oder tageweise an den "ruhelosen Beinen". Daran kann unter Umständen der Lebensstil schuld sein: zu den Auslösern gehören neben Stress auch eine Reihe von Genussmitteln, etwa Kaffee, Nikotin, Alkohol, kohlensäurehältige Getränke und Zuckerersatzstoffe, wie sie in vielen Drinks enthalten sind.
Ärzte warnen auch davor, dass so manche Antidepressiva, Betablocker und Magenmittel "ruhelose Beine" auslösen können sowie besonders der Geschmacksverstärker "Glutamat" - im Gehirn ein Gegenspieler des Dopamin.
Für Waltraud Moldaschl hat es sich bewährt, abends klares Wasser zu trinken und kein Schweinefleisch mehr zu essen - eine Empfehlung, die viele Restless-Legs-Patienten bestätigen.
Download-Tipp
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Restless Legs
Die unruhigen Beine