Mahlers tönendes Universum

Linzer Klangwolke

Vor 25 Jahren erklang sie zum ersten Mal im Linzer Donaupark zum Auftakt der ersten "Ars Electronica": Die "Klangwolke". Damals war es Anton Bruckners 8. Symphonie. Zum Jubiläum steht heuer nun Mahlers Achte, die "Symphonie der Tausend", auf dem Programm.

Vor 25 Jahren erklang zum ersten Mal im Linzer Donaupark Musik zum Auftakt der ersten "Ars Electronica". Damals fiel die Wahl auf Bruckners 8. Symphonie, rund 100.000 Menschen lauschten im Freien einer auf Kanäle aufgesplitteten Aufnahme. Eine Live-Übertragung vom Brucknerhaus in den Donaupark wagte man erst beim zweiten Anlauf 1980. Damals spielte das "Bruckner Orchester" unter Theodor Guschlbauer Bruckners 4. Symphonie.

Seitdem hat sich die "Linzer Klangwolke" zu einem Markenzeichen der Stahlstadt entwickelt. Optische Effekte ergänzten von Anfang an die Musik, sodass sich allmählich zwei Spielarten entwickelten: Eine modernere "Klangwolke" mit jeglichem Freiraum in der visuellen Gestaltung und die klassische Klangwolke, bei der allein der Hörgenuss im Vordergrund steht. Diese klassische "Klangwolke" ist stets an das Eröffnungskonzert des "Brucknerfestes" gekoppelt.

Übertragung mit Video-Wall

Wie bei der ersten Live-Klangwolke spielte am Sonntag das Brucknerorchester Linz unter seinem Chefdirigenten, jetzt Dennis Russell Davies. Für ihn war dieser Abend bereits die dritte "Klangwolke". Nach der 3. Symphonie von Gustav Mahler und der 6. Symphonie von Philip Glass, stand Mahlers monumentalstes Werk, die 8. Symphonie, auf dem Programm. Sie sprengte von jeher die Dimensionen des herkömmlichen Konzertsaales und eignet sich daher ganz besonders für eine Ausstrahlung in den Donauraum.

Tönendes Universum

"Denken sie sich, dass das Universum zu tönen und zu klingen beginnt. Es sind nicht mehr menschliche Stimmen, sondern Planeten und Sonnen, welche kreisen": So schreibt Mahler im August 1906. Seine 8. Symphonie sprengt nicht nur klanglich jeden Rahmen, sondern auch formal. Als textliche Vorlagen dienten ihm der Pfingst-Hymnus "Veni creator spiritus" aus dem gregorianischen Choral, zum anderen die Schluss-Szene aus Goethes "Faust II".

Der erste Teil der Symphonie entspricht der Form nach einem erweiterten, polyphon gestalteten Sonatensatz. Über einem gewaltigen Orgelklang setzt der Doppelchor mit dem hymnischen Thema ein. Gesangssolisten leiten über in den Schluss von "Faust". Im Zentrum steht die Bitte um Erleuchtung, die als Angelpunkt des gesamten Werkes angesehen wird. Der zweite Teil erzählt "Fausts" Erlösung nach dem Tod. Zum Schluss singt der Chorus mysticus, dass alles nur als "Gleichnis" aufzufassen ist und uns das "Ewig-Weibliche" hinan zieht. Die Symphonie wird hier zum Erlösungsmysterium.

Alma gewidmet

Der zweite Satz beginnt mit einem längeren Orchester-Vorspiel, dem die Gesänge der heiligen Anachoreten folgen. Nach Goethes Vorstellung eines Stufenbaus der Götterwelt zieht sich die Handlung von den unteren Regionen nach oben: Von den Anachoreten über die Patres, die Engel, den Doctor Marianus bis hin zur Mater gloriosa. Sie symbolisiert das Prinzip einer welterlösenden Liebe.

Die Tatsache, dass Mahler die Achte seiner Frau Alma gewidmet hat, führte immer wieder zu Annahme, der Komponist habe seine Vorstellung vom Ewig-Weiblichen auf die Person Almas Frau projiziert. Am Ende schließt sich wieder der Bogen zum Anfang, zur Anrufung des Schöpfergeistes.

Symphonie mit Riesenbesetzung

Die Besetzung umfasst neben einem großen Orchester-Apparat acht Gesangssolisten, zwei gemischte Chöre und einen Kinderchor, Fern-Trompeten und -Posaunen, eine große Orgel sowie diverse zusätzliche Instrumente wie Harmonium, Mandoline etc. Bei der Uraufführung in München waren tatsächlich 1.030 Musiker im Einsatz.