Sehnsucht nach Afrika
"Auf dem Strom"
Aus dem jungen Buchhändler Hermann Schulz wurde ein Verleger, aus dem Verleger ein hochgeschätzter Autor. Seine Bücher befassen sich immer wieder mit seiner großen Sehnsucht, der Sehnsucht nach Afrika, seiner zweiten Heimat.
8. April 2017, 21:58
Hermann Schulz über Afrika
Als Verleger hat er viele Bücher afrikanischer Autoren veröffentlicht. In Afrika wurde er geboren, nach Afrika hat er - Jahre später - wieder zurück gefunden, auf der Suche nach seinem Vater, der als Missionar in Afrika gelebt hat:
"Ich werde immer Heimweh nach Afrika haben, sagt Hermann Schulz und seine Begeisterung für das Land, für die Kultur, für die Menschen ist unüberhörbar ...
"Ich wollte Bauer werden"
Als Sohn eines deutschen Missionars in Tansania geboren, verbrachte Hermann Schulz seine Kindheit und Jugend im Wendland und am Niederrhein bei Pflegeeltern auf dem Land. Dies beeinflusste auch seinen ersten Berufswunsch:
"Ich hatte damals nur ein Interesse: ich wollte Bauer werden - wie meine Pflegeeltern auch; die haben mich geliebt, die haben mich nach dem frühen Tod meines Vaters aufgenommen, die haben mich respektiert. Ich wurde wie ein Erwachsener behandelt. Ich musste zwar sehr viel arbeiten, und das war manchmal auch unangenehm. Wenn andere Kinder spielten, musste ich die Kühe hüten oder Kartoffeln einsammeln. Aber dahinter stand auch ein hoher Respekt für die Persönlichkeit des Kindes. Und das habe ich nie vergessen.
Was darüber hinaus war, bestand aus Träumerei, also der Traum, erwachsen zu sein und die großen Heldentaten zu vollbringen, in die ganze Welt zu reisen. Das hat mich immer begleitet, aber dafür gab's in meiner Kindheit keinen Gesprächspartner."
"Das Leben ist anderswo"
...denkt der 15-jährige Alfred im Roman "Sonnennebel", der in einem kleinen Ort im Ruhrgebiet spielt. Die Sehnsucht nach diesem "Anderswo" hat Hermann Schulz von frühester Kindheit an begleitet. Waren es auch Bücher, die diese Sehnsucht nach einem anderen Leben geweckt haben?
"Ich habe bis zu meinem 14. Lebensjahr nicht gelesen. Nach der Buchhandelslehre habe ich dann so lange im Bergbau gearbeitet, bis ich eine Fahrkarte bis nach Istanbul bezahlen konnte. Zu mehr reichte es nicht. Dann war ich ein Jahr lang weg. Das war meine Antwort auf die ersten 18 bis 20 Jahre Kindheit in Deutschland."
34 Jahre Verleger in Wuppertal
Nach seiner Reise in den Orient kehrte Hermann Schulz nach Deutschland zurück. 1967 wird der junge Buchhändler zum Mitbegründer des renommierten Peter Hammer Verlages. Bis 2001 leitete er diesen Verlag in Wuppertal, wo er auch heute noch lebt.
Als Verleger hat Hermann Schulz nicht nur viel Gespür für besondere Autoren und Illustratoren gezeigt. So hat er etwa den wunderbaren Illustrator Wolf Erlbruch entdeckt. Er hat sich auch intensiv um die Vermittlung der Literatur anderer Völker und Kulturen bemüht. So finden sich - bis heute - zahlreiche Bücher afrikanischer Autoren und Künstler im Programm des Verlages.
Ein Plädoyer für die Literatur Afrikas
Aus dem erfolgreichen Verleger wurde inzwischen ein erfolgreicher, mit vielen Preisen bedachter Schriftsteller. In einigen seiner Bücher erzählt er von seiner großen Liebe, vom Leben in Afrika.
In "Zurück nach Kilimatinde" macht sich ein Junge auf die Suche nach seinem Vater, von dem er viele Jahre nichts gehört hat und findet ihn in Afrika als gebrochenen Mann. Im Roman "Auf dem Strom" wird die Lebensgeschichte des Missionars Friedrich Ganse und seiner Familie erzählt. Dabei sind die autobiografischen Bezüge nicht zu leugnen, denn auch die Eltern von Hermann Schulz haben auf einer Missionsstation in Afrika gelebt. Er selbst hat sich bei seinen Reisen nach Afrika auch auf die Spuren seines Vaters begeben, ist seinem Weg gefolgt.
"Ich war immer schon dafür, dass die Europäer den Kopf heben und ihren Blick auch auf andere Kulturen richten, auf diese faszinierende Vielfalt, die bei uns viel zu wenig Beachtung findet," schwärmt Hermann Schulz über diesen Kontinent.
Jugendliche Romanfiguren dominant
Aber auch Deutschland ist in seinen Büchern immer wieder Schauplatz seiner Geschichten. Dabei spielen Jugendliche im Alter von 14, 15 Jahren oft eine Hauptrolle, und immer stehen sie vor schweren Entscheidungen, die ihr Leben radikal in Frage stellen.
Im Roman "Iskender" verlässt ein junger Türke sein Heimatdorf, um in Deutschland Geld zu verdienen. In "Sonnennebel" träumt ein 15-Jähriger davon, die Enge des Ruhrgebietes hinter sich zu lassen.
Skepsis dem gegenüber, was von den Erwachsenen vorgelebt wird, und der Mut, einen eigenen Weg einzuschlagen - sie zeichnen alle Romane von Hermann Schulz aus. Seine Bücher sind gelungen; das zeigen auch die Reaktionen der Kinder und Jugendlichen bei seinen zahlreichen Lesungen. Sie merken seine Freude am Schreiben, sie ist für Jugendliche deutlich spürbar, wenn er aus seinen Texten vorliest und von neuen Buchprojekten erzählt.
Mehr über die Bücher von Hermann Schulz in Ö1 Programm
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Carlsen Verlag - Kurzbiografie und Werke