Politischer Kopf, Liedmeister, Intellektueller

Johann Hovens "Heimkehr"

Als Jurist schuf er Standardwerke, er war einer der führenden politischen Köpfe Wiens, als Komponist hat er einen revolutionären Heine-Liederzyklus komponiert: Johann Hoven. Markus Schäfer singt in der Stadtinitiative seinen gesamten "Heimkehr"-Zyklus.

Markus Schäfer singt "Die Heimkehr" - der Tenor und sein Pianist über Johann Hoven

Für Musikwissenschaftler ist er "der bedeutendste österreichische Liedmeister zwischen Schubert und Brahms". Einem breiten Publikum ist er so gut wie unbekannt: Johann Vesque von Püttlingen (1803-1883). Sein Pseudonym: Johann Hoven. Das komplette Hauptwerk Hovens, die Vertonung von Heinrich Heines "Die Heimkehr", ist nun an drei Abenden (23., 24., 25. Jänner, 19:30 Uhr) in der Wiener Stadtinitiative zu hören.

Der Tenor Markus Schäfer, demnächst als "Don Ottavio" in Konwitschnys Berliner "Don Giovanni" zu sehen, wird den Zyklus interpretieren, begleitet von Christian de Bruyn.

Erstaunliche Entdeckung

Eine erstaunliche musikalische Entdeckung steht an diesem Wochenende bevor. Johann Vesque von Püttlingen war eine der interessantesten Persönlichkeiten des Vormärz und einer der führenden politischen Köpfe Wiens. Püttlingen war nicht nur angesehener Jurist, er hatte beim Virtuosen Iganz Moscheles Klavier studiert. Kontrapunkt lernte er bei Simon Sechter, dessen Unterricht sich Schubert nicht leisten konnte und der später auch Anton Bruckner unterrichtet hat.

Püttlingens Buch "Das musikalische Autorenrecht" (1864) gilt als Beginn des musikalischen Urheberrechtsschutzes in Österreich. Dem nicht genug, war Püttlingen Präses der Gesellschaft der Musikfreunde, zu seinen Freunden und Briefpartnern zählten Schumann, Berlioz, Liszt, Mendelssohn, Grillparzer und Bauernfeld. Und Püttlingen, geboren in Galizien, trug als Liberaler die Revolution von 1848 mit.

"Lieder mit Opern mitvergessen"

"Wie alle Komponisten konnte er nicht als Liedkomponist bekannt werden", sucht de Bruyn Gründe für die prekäre Rezeptionsgeschichte. "Er ist als Opernkomponist bekannt geworden und dann in der Versenkung verschwunden. Die Lieder sind mitvergessen worden." Es sei jedoch "ganz bemerkenswert, was er da geleistet hat."

Der Klaviersatz erinnere an Schuberts letzte Produktionen, "aber auch Mendelssohn und Schumannsche Klaviersatztechnik spielt hinein", so de Bruyn. Die Textbehandlung und die Sorgfalt gegenüber dem Text erinnere bereits an Hugo Wolf.

Ein rotziger, frecher, kritischer Heine

Püttlingens Vertonung des gesamten "Heimkehr"-Zyklus aus dem "Buch der Lieder" sticht aus der Unmenge an Heine-Vertonungen (bis 1914 wurden zweieinhalbtausend gezählt) heraus. Er missversteht Heines Gedichte nicht als Erlebnislyrik: "Die Romantiker haben Heine einseitig aufgefasst", analysiert de Bruyn.

Ein Missverständnis: "Heine war zwar auch Romantiker, hat aber romantische Stimmungen nur aufgebaut, um sie im nächsten Hakenschlag wieder kaputt zu machen. Diese rotzige, freche und kritische Seite Heines haben die Musiker seinerzeit gar nicht geschätzt", so de Bruyn. "Püttlingen war derjenige, der Heine als Komponist in seiner Vielseitigkeit umgesetzt hat."

Hohe Anforderungen an den Sänger

Die Anforderungen an den Sänger sind hoch: "Es gibt sehr romantische Stücke, mit weiten Kantilenen", so Markus Schäfer. "Und dann gibt es welche, die sich einer sehr trockenen und abrupten Aussagetechnik bedienen, weil sich der Komponist vom Wort nicht weit entfernt."

Tipps
Johann Hoven: "Die Heimkehr"
Markus Schäfer, Tenor
Christian de Bruyn, Klavier
Markus Imbsweiler, Moderation

Teil I: 23. Jänner, 19:30 Uhr
Teil II: 24. Jänner, 19:30 Uhr
Teil II: 25. Jänner, 19:30 Uhr

Stadtinitiative Wien, Kirchengasse 41, 1070 Wien

Mehr Informationen im Ö1 Kulturkalender

"Die Heimkehr" hat Markus Schäfer zusammen mit Christian de Bruyn für das Signum-Label bereits auf drei CDs eingespielt (SIG X104, SIG X105, SIG X106).

Links
Stadtinitiative Wien
Johann Vesque von Püttlingen - aeiou.at
Püttlingens Teilnachlass - Wiener Stadt- und Landesbibliothek
Signum Records