Helmuth Lohner zu Gast

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Ob sein Entschluss, nicht mehr aufzutreten, endgültig ist, wird die Zukunft weisen. Aber zumindest als Regisseur bleibt er dem Theater erhalten: Helmuth Lohner, der im Vorjahr seine "Josefstadt"-Direktionszeit beendet hat.

Seine Karriere begann er in jenem Haus, das er von 1997 bis 2003 als Direktor leitete: Helmuth Lohner, bis Sommer vergangenen Jahres Direktor des "Theaters in der Josefstadt". Er gilt als einer der profundesten Schauspieler der deutschsprachigen Theaterszene und hatte Engagements in Berlin, München, Hamburg, Düsseldorf und viele Jahre am Züricher Schauspielhaus sowie zahlreiche Film- und Fernsehrollen. Lohner, der auch als Regisseur tätig ist, hat zuletzt erfolgreich Suppes "Boccaccio" an der Wiener Volksoper inszeniert.

Diesmal begrüßt Haide Tenner am Samstag den Wiener Publikumsliebling Helmuth Lohner als Gast im Ö1 "Klassik-Treffpunkt" im ORF KulturCafe des RadioKulturhauses.

Lohners "Josefstadt"-Ära

Die Vorstellung von "Das verflixte siebte Jahr" in den Kammerspielen im Juni des Vorjahres war die 4.951ste - und zugleich die letzte Aufführung von Lohners Direktionszeit. Insgesamt hatte es unter Lohner im Theater in der Josefstadt, den Kammerspielen sowie im Rabenhof 128 Produktionen gegeben. Helmuth Lohner hat in den sechs Jahren seiner Direktionszeit 13 Rollen gespielt (u.a. in "Der Schwierige", "Tod eines Handlungsreisenden", "Sonny Boys" sowie in "Der Menschenfeind"). Und überdies sprang er in Krankheitsfällen auch für Kollegen ein. Zu den "Josefstadt"-Debütanten zählten in seiner Direktionszeit Luc Bondy, Peter Stein, Gert Voss und Ignaz Kirchner, Dieter Giesing, Peter Turrini sowie Wolf-Dietrich Sprenger.

Übergabe von entschuldetem Theater

Lohner hat am 31. August 2003 "einen entschuldeten Betrieb übergeben. Ausschlaggebend dafür sind die Jahresergebnisse 2001-2003. In den Jahren bis 2002 erwirtschaftete die Josefstadt bereits einen Nettogeldfluss von rd. 4,6 Mio. Euro (...) Der Josefstadt-Anteil an der Entschuldung beträgt rd. 4,3 Mio. Euro", hieß es u. a. in einer Aussendung im Vorjahr.

Bühnenjubiläum und 70er

Im Vorjahr kam für Lohner - außer dem Ende seiner Direktionszeit - noch einiges zusammen: Er feierte sein 50-jähriges "Josefstadt"-Bühnenjubiläum und wurde am 24. April 70.

Gebürtiger Ottakringer

Helmuth Lohner wurde 1933 als Sohn eines Schlossers in Wien-Ottakring geboren. Zunächst absolvierte er eine Lehre im grafischen Gewerbe und holte in Abendkursen die Matura nach. Er nahm privaten Schauspielunterricht, debütierte am Stadttheater Baden und wurde dann als Operetten-Buffo an das Klagenfurter Stadttheater engagiert. Von 1953 bis 1963 spielte er am "Theater in der Josefstadt". Es folgten Engagements in Berlin, München, Hamburg, Düsseldorf und Zürich. Immer wieder spielte er auch am Wiener Burgtheater und bei den Salzburger Festspielen, wo er in wechselnden Rollen insgesamt zehn Jahre in Hofmannsthals "Jedermann" auf der Bühne am Domplatz stand.

Filmdebüt 1955 in "Hotel Adlon"

Sein Filmdebüt gab Lohner 1955 in "Hotel Adlon" von Josef von Baky und spielte daraufhin häufig in Unterhaltungsfilmen ("Das Wirtshaus im Spessart" u.v.a.). 1963 begann er seine Arbeit beim Fernsehen, wo er sich in den 90er Jahren bei "Mein Opa ist der Beste" und "Mein Opa und die 13 Stühle" (beides mit Otto Schenk) auch als Regisseur betätigte. Im Theaterbereich ist Lohner als Operetten-Regisseur hervorgetreten: In Zürich inszenierte er Offenbachs "Die schöne Helena" (1994) und Lehars "Lustige Witwe" (1997), in Mörbisch "Eine Nacht in Venedig" (1999) sowie "Die Csardasfürstin" (2002). An der Oper Köln, wo er bei Offenbachs "Banditen" sowie bei der "Fledermaus" Regie führte, wird er auch Donizettis "Liebestrank" inszenieren. In Graz hat er Offenbachs "La Perichole" in Szene gesetzt.

In allen Genres zu Hause

Helmuth Lohner, der u. a. mit der Kainz-Medaille (1980), dem Nestroy-Ring (1988), dem Titel Österreichischer Kammerschauspieler (1993) und zuletzt mit der Ehrenmitgliedschaft der Josefstadt ausgezeichnet wurde, ist als Schauspieler in allen Genres zu Hause und hat fast alles dargestellt, was einen Schauspieler reizen kann: Shakespeares abgründig-bösen Richard, den zwiespältigen Dänenprinzen Hamlet, den Titus Feuerfuchs in Nestroys "Talisman", den Faust ebenso wie den Mephisto. Er hat die vielfältigen Facetten von Schnitzler-, Tschechow- und Horvath-Figuren transparent gemacht und in komischen Rollen die Lachmuskeln der Zuschauer strapaziert.

Zuletzt als "Menschenfeind" zu sehen

Zuletzt war Lohner als Molieres "Menschenfeind" auf der Josefstadt-Bühne gestanden. Dass er wie angekündigt damit tatsächlich auch seinen Abschied von der Bühne genommen hat - das will niemand so recht wahrhaben. Und so verlieh nach der letzten Vorstellung die versammelte Kollegenschaft mit einem Ständchen ihrer Hoffnung Ausdruck, dass er seine Entscheidung noch einmal überdenke.