Es liest Peter Uray
Die Silvesterfeier
Er wohnte mehr als ein halbes Jahrhundert in New York, aber seine literarische Welt war immer das Schtetl. Isaac Bashevis Singer, Literatur-Nobelpreisträger von 1978, schrieb auch im Exil ausschließlich in Jiddisch.
8. April 2017, 21:58
"Die Silvesterfeier" - Ausschnitt
Isaac Bashevis Singer, Sohn einer polnischen Rabbinerfamilie, wuchs in Warschau auf und besuchte dort das Rabbinerseminar. Von 1926 an veröffentlichte er, zuerst noch auf Hebräisch, Geschichten und Literaturkritiken - in der Literaturzeitschrift seines Bruders Israel Joshua und in anderen Warschauer Publikationen.
Der Zusammenprall traditioneller Formen jüdischen Lebens mit der modernen Gesellschaft der Neuen Welt bildet einen zentralen Punkt seiner Werke. Seine Charaktere leben in beiden Welten und lösen die sich aus dem Widerspruch ergebenden Konflikte mit Chuzpe und Herz.
Erste Erzählungen
Mitte der 70er Jahre erschienen die ersten Erzählungen Singers unter dem Titel "Der Kabbalist vom East Broadway" auch in deutscher Übersetzung. Es folgten der Kurzgeschichtenband "Leidenschaften" (1979), die Romane "Schoscha" (1980), "Die Gefilde des Himmels" (1982), "Der Büßer" (1987) und der stark autobiografische Text "Verloren in Amerika" (1983).
"Yentl", eine der erfolgreichsten Erzählungen Singers, wurde 1983 von und mit Barbra Streisand verfilmt. Es ist die Geschichte einer jungen Jüdin, die sich als Mann verkleidet, um den Talmud studieren zu können - und darüber in neue Rollenzwänge und Gefühlsverwirrungen gerät. Die sentimentale Grundstimmung des Films gab nach Singers Ansicht jedoch nur wenig vom Schalk und Charme der Vorlage wieder.
Nobelpreis für "leidenschaftliche Erzählkunst"
Die Verleihung des Nobelpreises 1978 für seine "leidenschaftliche Erzählkunst, die mit ihren Wurzeln in einer polnisch-jüdischen Kulturtradition universale Bedingungen des Menschseins lebendig werden lässt", machte Isaac B. Singer auch außerhalb des englischen und deutschen Sprachraums bekannt.
"Die Silvesterfeier"
Eine für Singer typische Erzählung ist "Die Silvesterfeier":
Zur Silvesterfeier bei Perl Leipziger in der East Bronx in New York, zu der der Schriftsteller Isaac B. Singer eingeladen ist, kommen auch der reiche Grundstücksmakler Boris Lemkin und sein Schatten Harry. Boris, 70 und ziemlich extravagant, wohnt mit seinem alten Freund aus Rumänien zusammen, der ihn "Diktator" zu nennen pflegt. In Wirklichkeit muss sich Harry seit 40 Jahren als Boris' Koch und Diener seinen Lebensunterhalt verdienen. Dafür hat Boris versprochen, Harry sein ganzes Vermögen zu vermachen. Es kommt natürlich anders, als man denkt...
Buch-Tipp
Isaac Bashevis Singer, "Die Silvesterfeier", Deutsch von Ellen Otten, aus "Das Winterlesebuch", Heyne Verlag
Link
Isaac Bashevis Singer