Der Anfang vom Ende des Indien-Hypes?
Bollywood Hollywood
In der Partnerwahl ist die in Kanada lebende Familie des Inders Rahul traditionsbewusst: Nur eine Inderin kommt in Frage! Doch weil sich Rahul nicht damit abfinden will, geht er eine Scheinverlobung ein, aus der sich allerlei Turbulenzen entwickeln.
8. April 2017, 21:58
Verbotene Liebe, die Pflege der Familienwerte, Standeskonflikte, die ewigen Auseinandersetzungen zwischen Tradition und Moderne, respektive zwischen asiatischer und westlicher Lebenskultur. Das alles verpackt Indiens Kommerzfilmindustrie Bollywood - wie man mittlerweile durch Filme wie "Lagaan" oder "Sometimes Happy, Sometimes Sad" auch im Westen weiß - in musikalische Folklore, farbenfrohe Ausstattung und zahlreiche Tanzeinlagen.
Schein-Verlobung
Eine turbulente Mixtur von Bollywood- und Hollywoodmotiven bestimmt auch die im kanadischen Toronto angesiedelte Handlung des Films "Bollywood Hollywood" von Regisseurin Deepa Mehta: Rahul, Sohn aus gut-bürgerlicher Inderfamilie, muss selbst in der Fremde eine indische Braut finden, da sonst die Hochzeit seiner Schwester platzt.
Zum Schein geht eine junge Dame von einem Escort-Service auf ein entsprechendes Angebot ein. Gegen gute Bezahlung freilich. Dass aus der vorerst fingierten Verlobung tatsächlich die große Liebe wächst, ist nicht schwer zu erraten.
Banale Klischeeträger
Die absichtlich trivial gehaltene Geschichte und die bewusst vordergründige Inszenierung dienen Deepa Mehta als Projektionsfläche für ein ironisches Spiel mit formelhaften Dramaturgien, aufwendigen Schauwerten und übertriebenem Pathos.
Dabei macht Mehta vor allem aus ihren Nebenfiguren banale Klischeeträger: Das Rollenrepertoire von Rahuls Chauffeur reicht vom Ratgeber in allen Lebenslagen bis zum bizarren Transvestiten, Rahuls Mutter besteht nur aus Liebe zu ihren Kindern, während die Großmutter als oberste Gralshüterin strenger Sitten und eingeschworener Traditionen auftritt. Dass sie zum besseren Leben bekehrt werden muss, steht eindeutig fest.
Parodie statt Synthese
Deepa Mehta versucht die Verbindungslinien zwischen Bollywood und Hollywood herzustellen, schaffte aber keine Synthese der beiden Filmkulturen, sondern vielmehr eine Parodie darauf. Vielleicht ist das zugleich ein Hinweis darauf, dass der derzeit modische Hang zu Bollywood-Dramen im Westen schon bald wieder ein Ende finden wird.
Wie auch immer: Zieht man von Bollywood den Exotik-Faktor ab, so bleibt ohnehin selten mehr als eine typische Soap-Opera aus Hollywood übrig. Und auch Deepa Mehtas Film beschreitet diesbezüglich manchmal einen recht schmalen Grat.
Bollywood Hollywood
Kanada, 2002
mit: Rahul Khanna, Lisa Ray, Moushumi Chatterjee, Ranjit Chowdry
Drehbuch und Regie: Deepa Mehta