250. Geburtstag des Multitalents

Wer war Ignaz Joseph Pleyel?

Wenn heuer Ignaz Pleyels 250. Geburtstag gefeiert wird, wird erstmals auch eine Biografie vorliegen. Bislang wussten nur wenige etwas von der Ruppersthaler Lokalgröße und Pariser Zelebrität. Komponierte Pleyel gar die Marseillaise?

Wer war Ignaz Joseph Pleyel? Wenn in diesem Jahr sein 250. Geburtstag gefeiert wird, wird erstmals auch eine Biographie vorliegen. Die Ruppersthaler Pleyel Gesellschaft wird sie herausbringen. Bislang wussten wenige etwas von der Ruppersthaler Lokalgröße und Pariser Zelebrität: Er war einer der meist gespielten und höchst angesehenen Komponisten seiner Zeit, er war innovativer Unternehmer, Erfinder einer Marke und Förderer der Großen seiner Zeit.

Er lernte bei den Besten seiner Zeit und war klug genug, sein Komponieren zurückzustellen, um die Nächstbesten zu erkennen und zu fördern. Als Komponist gehörte er einer ausklingenden Epoche an, als Klaviererzeuger förderte er eine herannahende.

Chopin war Pleyel-Fan

Chopin zählte zu den ersten Fans: "Wenn ich schlecht disponiert bin, spiele auch auf einem Erard. Wenn ich mich begeistert fühle und stark genug, um meinen eigensten Klang zu finden, brauche ich ein Pleyel-Klavier!" Chopin, Rubinstein, Camille Saint-Saens und Alfred Cortot, Debussy und Strawinsky lobten Pleyels Flügel, die gegenwärtige Star-Generation kennt das Pleyel-Klavier nur mehr aus Künstler-Garderoben und häuslichen Salons: Pierre-Laurent Aimard und Elisabeth Leonskaja müssen die Biographie hinter dem Namen des Klaviers wieder entdecken.

Auch die Namensgebung des an seinem dritten Standort 1927 in Paris begründeten, erst im Vorjahr renovierten Saal konnte Pleyels Verdienste nicht vor dem Vergessen retten.

Unbekannte Wiener Klassik

Die Wiener Klassik ist ein unbekanntes Land. Das kommende Haydn-Jahr 2009 wäre eine schöne Gelegenheit, eine musikwissenschaftliche Expedition dahin vorzubereiten. Pleyel - der ein mächtiger Mittler der Wiener Klassik war - galt als bedeutender Komponist, von Haydn so sehr geschätzt, das dieser ihm sein handgeschriebenes Werkverzeichnis widmete.

Mehr noch als der Komponist beweist der Unternehmer Innovationskraft: Er erfindet die Taschenpartitur, gibt eine Klavierschule heraus, seine Klaviermanufaktur - eine Gründung des 50-Jährigen - floriert aufgrund der Erzeugung des kurz zuvor in Wien erfundenen Pianinos. Seine sozialen Errungenschaften als Unternehmer - Krankenversicherung und Altersversorgung für 1500 Arbeitnehmer und deren Familien - bleiben vergessen.

Hat er die Marseillaise komponiert?

Dank einer rührigen Lobby rund um den pensionierten Postbeamten Adolf Ehrentraud in Ruppersthal können wir Pleyel heuer feiern. Sogar mit einer Sonderpostmarke. Ignaz Pleyel wurde am 18. Juni 1757 in Ruppersthal im Weinviertel geboren. Die Karriere des Buben aus dem Weinviertel ist steil, und dies nicht zufällig. Dass Pleyel, der Schulmeistersohn, von Graf Ladislaus Erdödy aus Pressburg unterstützt, bei Johann Baptist Wanhal und bei Joseph Haydn lernen durfte, muss auf besondere Beziehungen zurückzuführen sein.

Möglicherweise oder ziemlich sicher war die Mutter adeliger Abstammung. Eine Pfarrmatrik schreibt Gräfin neben ihren Namen Graf, die Gästeliste der Hochzeit mit Pleyels Vater Martin ist beachtlich. Mit Akribie und wissenschaftlichem Mitgefühl geht der Ruppersthaler Adolf Ehrentraud, der Lebensgeschichte des berühmtesten Ruppersthaler nach und stellt sich die Frage, warum hohe Beamte und Grafen zur Hochzeit kamen.

Stefan Zweig widerlegt
Er fragt auch nach, welche Instrumente Rouget de Lisle beherrschte, Pleyels berühmter Mitbewohner, bekannt geworden als möglicher Verfasser der Marseillaise.

Er widerlegt so Stefan Zweig. Es kann nicht Rouget de Lisle gewesen sein, der in sechs Stunden Text und Melodie der Hymne erfand, wenn er nicht einmal Klavier spielen konnte. Aber es kann auch nicht gesagt werden, dass Pleyel der Komponist ist.

Hör-Tipps
Radiokolleg, Montag, 18. Juni bis Donnerstag, 21. Juni 2007, 9:45 Uhr

Musikgalerie, Montag, 18. Juni 2007, 10:05 Uhr

Alle Sendungen zu Ignaz Joseph Pleyel der kommenden und vergangenen 35 Tage finden Sie in oe1.ORF.at

Buch-Tipps
Margareta Saary "Musik als Geschäft", in: Rudolf Flotzinger( Hg.), "Musik als ... Ausgewählte Betrachtungsweisen", Verlag der österr. Akademie der Wissenschaften, ISBN 9783700136736

Österreichische Musikzeitschrift, Heft 3-4/ 2007

Veranstaltungs-Tipp
Erstes Pleyel-Symposium, Freitag, 15. Juni und Samstag, 16. Juni 2007, Verschiedene Veranstaltungsorte

Link
Ignaz J. Pleyel - Museum