Hollywood Backstage

Jenseits von Glanz und Glamour

Film ist die Kunstform des 20. und 21. Jahrhunderts und sein Zentrum befindet sich nach wie vor in Hollywood. Wie die Traumfabrik funktioniert und was backstage passiert, hat Elisabeth Sereda nun in ihrem Erfahrungsbericht zusammengefasst.

Wir brauchen einander wie der Vampir das Jungfernblut. Wer die Jungfrau spielt, ist Ansichtssache. Vampire sind wir beide.

Der Journalist und der Star, die ewige Hassliebe. Wenn man Elisabeth Seredas pointierten Ausführungen folgt, ergibt sich schnell ein vergnügliches Bild gegenseitiger Abhängigkeit.

"workaholic" und/oder "alcoholic"

Elisabeth Sereda verschweigt in ihrem Anekdoten-Reigen aber auch eigene Faux-Pas nicht, zum Beispiel jenen, als sie Michael Caine vor versammelter Menge bloßstellte:

"Sie sind 66 Jahre alt, und haben 88 Jahre Filme gemacht. Ist das, weil Sie ein Workaholic sind oder weil Sie das Geld brauchten?" Heraus kam statt "workaholic" "alcoholic". Während ich dunkelviolett anlief und der Raum sich vor Lachen kaum mehr halten konnte, meinte Michael Caine ganz ruhig mit einem Grinsen: "Beides, meine Liebe, beides: Ich war ein Alcoholic, der ein Workaholic sein musste, weil ich das Geld brauchte, um meine Trunksucht zu finanzieren."

Mensch geblieben

Im Kapitel "Menschen und Monster" unterscheidet Sereda strikt zwischen Schauspielern, die mit ihrem Ruhm umgehen können, und jenen, die dies nicht schaffen. Dabei scheint das Alter, in dem ein Akteur zu Berühmtheit gelangt ist, eine wesentliche Rolle zu spielen.

George Clooney etwa, der auch ein sehr persönliches Vorwort beisteuerte, hatte sich 15 Jahre durch grauenhafte Fernsehserien gequält, bis er mit "Emergency Room" den Durchbruch schaffte und danach zum Hollywood-Giganten reifte. Er weiß dadurch allerdings ganz genau, wie nahe Erfolg und Misserfolg beieinander liegen und nimmt auch heute sein Star-Dasein nicht allzu ernst.

Peinliche Divas

Das Gegenteil davon sind Stars, die vor allem durch ihre Allüren von sich reden machen:

Wenn Julia Roberts mitten im Dschungel nach einer bestimmten Kaffeesorte verlangt und diese dann täglich eingeflogen werden muss. Wenn Jennifer Lopez sich weigert zu arbeiten, bis ihr Wohnwagen mit weißen Blumen und Kerzen ausgestattet ist. Und wenn Val Kilmer ein Designer-Wasser nicht gut genug ist und eine andere Sorte extra eingeflogen werden muss, dann leidet die Filmcrew darunter und die Arbeitsatmosphäre ist unerträglich.

Wie tief man sinken kann, zeigt Sereda am Beispiel von Tom Cruise. Vor seiner Scheidung von Nicole Kidman konnte der gelackte Strahlemann einfach nichts falsch machen. Doch dann versagte sein geniales PR-Konzept vollkommen. Schon seine Beziehung zu Penelope Cruz kam beim Massenpublikum nicht besonders gut an. Als er sich allerdings öffentlich in die Kindfrau Katie Holmes verliebte und deshalb wie ein Pubertierender auf Oprah Winfreys Couch herumhüpfte, sich mit Brooke Shields eine wilde Debatte zum Thema Antidepressiva lieferte und schließlich mit seiner massiven Werbung für Scientology auch seinen treuesten Fans den Nerv raubte, war sein Stern endgültig im unaufhaltsamen Sturzflug. Der Viacom-Boss Sumner Redstone brandmarkte Cruise als überbezahltes, unmanierliches Symbol eines völlig verrückt gewordenen Star-Systems und schmiss ihn hochkant hinaus.

Nervende Selbstvermarkter

Die permanente weltweite Aufmerksamkeit brachte aber auch eine neue Spezies hervor. Im Zeitalter der Celebrity Pop Culture stehen besonders Menschen im Mittelpunkt, die kein anderes Talent haben, als das der Selbstvermarktung: Paris Hilton, Kevin Federline, Bai Ling oder Lindsey Lohan - reiche Töchter und Söhne, die sich, anstatt den Silberlöffel, mit dem sie geboren wurden, dankbar abzulecken, vor die Paparazzi drängen; Nobodys, die einmal durch eine Gunst des Schicksals ins Scheinwerferlicht gespült wurden und aus diesem einfach nicht mehr rauszudrängen sind. Alleine dieses an Sarkasmus nicht zu überbietende Kapitel lohnt Seredas "Hollywood Backstage"-Report.

Stars spielen in ihrem Buch zwar eindeutig die Hauptrolle, man erfährt allerdings auch viel Neues über die Mechanismen der Traumfabrik. Von der Idee bis zur Premiere wird beschrieben, wie ein Film entsteht und was dabei alles schief laufen kann. Vom Agenten über den Stylisten bis zum Studioboss wird die Hollywood-Hierarchie unter die Lupe genommen.

Hits und Flops

"Jenseits von Glanz und Glamour" gibt einen erfrischend direkten Einblick in die Traumfabrik. Spätestens an jenen Stellen, die die Hintergründe der größten Hits und Flops der Filmgeschichte beleuchten, merkt man, dass alle in der Festung Hollywood Glücksritter sind, mit mehr oder weniger ausgeprägten Insignien des Wahnsinns. Oder wie Bette Midler es formulierte:

"Kein normaler Mensch wählt dieses Business. Du musst total verrückt und emotional kaputt sein und am besten noch eine völlig verdrehte Familiengeschichte hinter dir haben, um ins Showbusiness zu gehen."

Hör-Tipp
Kontext, jeden Freitag, 9:05 Uhr

Buch-Tipps
Elisabeth Sereda, "Jenseits von Glanz und Glamour. Hollywood Backstage", Egoth Verlag, ISBN 978-3902480323

Borwin Bandelow, "Celebrities. Vom schwierigen Glück, berühmt zu sein", Rowohlt Verlag, 2007, ISBN 978-3499622755

Mehr dazu in oe1.ORF.at