Absurde Wartezeiten zwischen Kroatien und Montenegro
Spiele an den Grenzen
Das stundenlange Warten an den Grenzen zwischen Kroatien und Montenegro könnte man in die Gattung Groteske einordnen, doch die absurden Situationen und die Willkür der Beamten sind gelebte Realität - und keine Erfindungen eines Humoristen.
8. April 2017, 21:58
Während des Krieges von 1991 bis 1995, der zum Zerfall des einstigen Jugoslawien führte, wurde Kroatien von der ehemaligen "brüderlichen" Republik Montenegro angegriffen. Der Krieg ist schon seit mehr als zehn Jahren beendet und man versucht, die Beziehungen zwischen beiden Staaten in Richtung eines friedlichen Zusammenlebens von Nachbarstaaten zu entwickeln.
Der Tourismus ist in Kroatien wie in Montenegro ein sehr wichtiger Wirtschafts- und Image-Faktor geworden. Immer mehr Menschen wollen beide Länder besuchen und freuen sich, diese Möglichkeit nutzen zu können. Die ausländischen Gäste sind nicht von dem schon längst beendeten Krieg belastet und erwarten, dass ihre Bewegungsrechte von den zuständigen Organen respektiert werden.
Eine schmale Grenze mit zwei Übergängen
Kroatien teilt mit Montenegro eine schmale Grenzlinie. Es gibt zwei Übergänge: einen auf der Hauptstraße, die von Dubrovnik nach Herzeg Novi in Montenegro führt und einen, der mehr lokalen Charakter hat und fast nie von Touristen, die in diesen Sommermonaten die beiden Länder besuchen, benützt wird.
Weil Kroatien und auch Montenegro nach der EU-Mitgliedschaft strebten, könnte man erwarten, dass die Reisenden von der Willkür der Grenzpolizisten, die in den einstigen sozialistischen Staaten stark verbreitet war, durch die neuen Verhältnisse verschont bleiben würden.
Der erste Grenzübergang, ...
Für den Besuch in Herzeg Novi, der zu Kroatien am nächsten gelegenen Stadt in Montenegro, wählt man den kleinen Grenzübergang. Auf der kroatischen Seite befinden sich nur zwei Container mit zwei dünnen Rampen. Weil keine anderen Wartenden da sind, fährt man problemlos an dem von der Sommerhitze müde wirkenden Grenzpolizisten vorbei.
Die montenegrinische Seite des Übergangs, ein paar hundert Meter davon entfernt, wirkt dagegen wie ein "richtiger" Grenzposten. Die Rampen sind aus festerem Material und statt Containern hat man gemauerte Häuser errichtet. Hier hat sich ein "Stau" von drei Wagen gebildet. Der montenegrinische Polizist kommt mit langsamem Schritt zum Autos, sammelt von den Reisenden die Pässe ein und verschwindet im Häuschen. Nach einigem Warten kommt er mit den Pässen sowie mit einigen Fragen über Gründe und Ziele des Besuches zurück, die Rampe geht nun auf. Für drei Autos benötigt er mit dieser "ruhigen" Einstellung etwa 15 Minuten.
... und der zweite
Die Rückkehr nach Kroatien führt über den größten Grenzübergang, der an der Schnellstraße Herzeg Novi - Dubrovnik liegt. Schon ein paar hundert Meter vor der neuen, großen und modernen Anlage des Grenzareals auf der Ausfahrt aus Montenegro steckt man in einem langen Stau. Von mehreren Autospuren ist nur eine in Betrieb. Bis man zur Kabine des Zöllners kommt, braucht man mehr als eine Stunde. Der Zöllner ist ruhig und freundlich. Er fragt, wie es geht. Auf die Gegenfrage antwortet er: "Ah, es ist viel los."
Man ist froh, sich von dieser Qual befreit zu haben und eilt zum kroatischen Posten. Aber es dauert nicht lange bis zum nächsten Stau - diesmal ein kroatischer. Man steht auf offener Straße, ohne die Grenze zu sehen. Kinder schreien, die Menschen verlassen ihre Wagen und bummeln herum. Es gibt hier vier "Free Shops", aber keine Toilette. Nach eineinhalb Stunden Warten entscheidet man sich, nach Montenegro zurück zu fahren und den kleinen Übergang zu nehmen.
Dritter Versuch, aus Montenegro herauszukommen
Aber: Man muss jetzt wieder nach Montenegro einreisen. Etwa 20 Autos warten an der Grenze und man rechnet mit entsprechender Wartezeit. Schließlich erklärt man dem Grenzpolizisten, warum man nach zwei Stunden wieder in Montenegro ist - und fährt nun zu dem nahe liegenden kleinen Übergang.
In fünf Minuten ist dieser Grenzübergang erreicht. Kein Auto ist zu sehen. Der Grenzpolizist kommt und fragt, ob man etwas zu verzollen hat. "Was sollte man haben, was beim Verlassen Montenegros anzumelden wäre?", fragt man neugierig. "Das Geld etwa", antwortet der Zöllner.
Niemand mag die Zöllner
Die Einfahrt nach Kroatien - das sollte der letzte Grenzposten dieses Ausflugs sein. Bei den zwei Containern stehen drei Autos, der Grenzpfosten ist unten. Es herrscht ewige Ruhe. Nach fünf Minuten des Wartens verlässt man sein Auto, und genießt die schöne Aussicht auf das Meer. Von einem Österreicher im ersten Wagen vor der Rampe erfährt man, dass sich bisher noch kein Grenzpolizist blicken ließ.
Als er endlich kommt, fragt man ihn, warum man bei dieser großen Hitze so lange warten muss. Ein bisschen entnervt, aber doch kontrolliert antwortet er, dass er telefonieren musste. Da er allein auf dem Posten sei, könne er nicht gleichzeitig die Pässe der Wartenden kontrollieren. Penibel wiederholt er die Namen aller Wartenden und gibt nach einem prüfendem Blick die Pässe zurück. "Niemand mag uns", klagt er, "alle denken, dass wir für diese Situation verantwortlich sind. Was soll ich aber machen? Ich bin hier allein und muss alles selbst machen. Ich verdiene nur 4.000 Kuna (etwas mehr als 500 Euro, Anm.). Und die da oben bekommen... " Nun, "da oben" sitzen die Politiker, die, seiner Meinung nach, schuld an dieser Quälerei der Reisenden sind.
Eine Frage der Politik
Man kann dem Grenzpolizisten Recht geben. Vielleicht ist für das Benehmen der montenegrinischen Zöllner die Politik ihres Landes verantwortlich. Für die Menschen, die aus dem grenzfreien Europa diese Staaten besuchen, ist es jedoch unverständlich, dass sie der Willkür der Zöllner und Grenzpolizisten ausgesetzt sind. Schließlich hat man den ersten wirklichen Kontakt mit einem Land an der Grenze. Und man fragt sich in solchen Fällen, was man dann noch zu erwarten hat.
Sollten Kroatien und Montenegro als unabhängige Staaten noch offene Fragen in ihren Beziehungen haben, dann sollten sie diese Probleme auf andere Weise klären. Und ihren Gästen nicht schon beim ersten Kontakt einen so fragwürdigen Eindruck bieten. Man kann jedenfalls sagen, dass das eine Sache der Politik von "denen da oben" ist.