Über die Sammelwut des Suchmaschinenkonzerns
Privacy à la Google
Mit jeder Abfrage auf Google speichert der Suchmaschinenriese Daten der User. Warum werden diese sensiblen Daten überhaupt gesammelt? Der Privacy-Experte von Google erklärt in oe1.ORF.at, was die Suchmaschine über ihre User so alles weiß.
8. April 2017, 21:58
Peter Fleischer im Interview mit Ina Zwerger
Vor kurzem sorgte der Suchmaschinenriese Google mit einer Ankündigung für Aufregung: In Zukunft sollen die Suchabfragen der User nur noch 18 bis 24 Monate lang aufbewahrt werden. Vielen Leuten war es wohl nicht bewusst gewesen, dass sich jedes einzelne ihrer Suchworte in den Serverlogs des Konzerns wieder findet.
Peter Fleischer, der Privacy-Experte von Google erklärt, was die Suchmaschine über ihre User so alles speichert: "Es ist die IP-Adresse des Computers, der sich mit unseren Servern verbindet, es ist der Tag und die Uhrzeit der Suchabfrage, es ist das eingegebene Suchwort, zum Beispiel "Hotel in Paris" und es sind technische Information über den Browser und das Betriebssystem des Rechners und die Cookie-ID-Nummer."
Google rechtfertigt sich
Fast jedes Internetunternehmen sammelt diese Abfolgen an Informationen, rechtfertigt Peter Fleischer die Speicherung der Serverlogs. Den Schritt, diese Daten in Zukunft nach achtzehn Monaten bis zwei Jahren anonymisieren zu wollen, bezeichnet der Google-Datenschutzbeauftragte als wichtigen Schritt für den Schutz der Privatsphäre. "Wenn wir die IP-Adressen löschen und auch die Cookie-Nummern, können die Suchworte nicht mehr länger mit identifizierbaren Personen in Verbindung gebracht werden."
Warum diese sensiblen Daten überhaupt gesammelt werden? "Google’s Hüter der Privatsphäre" nennt vielfache Gründe für die Sammelwut des Suchmaschinenkonzerns. Erstens seien diese Log-Daten ein sehr hilfreiches Werkzeug, wenn es darum geht, Bedrohungen aus dem Internet abzuwehren, wie zum Beispiel Spam oder Phishing, also den Versuch, über gefälschte www-Adressen Daten eines Internet-Benutzers zu erlangen. "Die User sind gegenüber diesen Attacken sehr verletzlich, also brauchen wir die Daten, um sie zu schützen".
Persönlich abgestimmte Suchergebnisse
Ein weiterer Grund sei die Innovationslust des Unternehmens. Die User erwarten von Google, dass sich der Such-Algorithmus und die Services verbessern, betont Peter Fleischer. "Personalized Search” heißt ein neuer Dienst und bedeutet, dass jede Anfrage beim Google-Orakel auf die persönlichen Interessen abgestimmte Suchergebnisse liefern soll.
Bald werden Suchmaschinen also mehr über uns wissen, als wir selbst. Aus den User-Daten lassen sich aber nicht nur persönliche Neigungen, sondern auch gesellschaftliche Trends ablesen.
EU verpflichtet zur Datenspeicherung
Ob die in der EU umstrittene Vorratsdatenspeicherung auch für Google gilt, ist noch ungewiss, sagt Peter Fleischer. Letztlich ist der globale Suchmaschinenanbieter mit seinen E-Mail-, Chat- und Talk-Funktionen aber ebenfalls ein "electronic communication service provider". Und diesen schreibt die EU-Richtlinie die verpflichtende Speicherung aller Kommunikationsverbindungsdaten für bis zu zwei Jahre vor.
Doch mit der Bekanntgabe der freiwilligen Speicherung für eine Periode von bis zu zwei Jahren hat der private Konzern die Kriterien bereits im Vorfeld erfüllt. Es komme immer wieder vor, dass sich die Strafverfolgungsbehörden an Google wenden, etwa im Falle der Kinderpornographie, berichtet Peter Fleischer: "Wenn sie mit einem gerichtlichen Beschluss kommen, dann versuchen wir ihnen mit den Informationen, die wir haben, zu helfen."
"Datenkrake" Google
Von Privacy-Aktivisten wird das globale Unternehmen mit dem Branding "Don't Be Evil" bereits jetzt gerne als "Datenkrake" gebrandmarkt. Peter Fleischer, der im Interview ausführlich die Privacy Policy von Google erörtert und auch selbst in seinem privaten Blog zum Schutz der Privatsphäre Aufklärung betreibt, ist ein Kritiker der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung. Denn eine staatliche Lizenz zur Überwachung sei für das Image nicht gerade förderlich. Um erfolgreich zu sein, brauche man das Vertrauen der User in die Services, betont der Privacy-Beauftragte.
"Gesetze wie die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung bringen Unternehmen wie Google in eine sehr unangenehme Situation. Arbeiten wir für unsere User, oder arbeiten wir für die Polizei und die Regierung? Es ist wirklich unfair, private Unternehmen in so eine Konfliktsituation zu bringen. Google will nicht das Werkzeug einer Überwachungsgesellschaft werden."
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Die iGesellschaft
Hör-Tipp
Radiokolleg, Montag, 27. August 2007 bis Donnerstag, 30. August 2007, 9:05 Uhr
Veranstaltungs-Tipps
Goodbye Privacy Symposium im Rahmen der Ars Electronica, Donnerstag, 6. September und Freitag, 7. September 2007, Kunstuniversität Linz / K2
Ars Electronica, Mittwoch, 5. September bis Dienstag, 11. September 2007, verschiedene Veranstaltungsorte
Zum ersten Mal ist Ö1 mit seinem neuen "Mobilen Ö1 Atelier" bei der "Ars Electronica 2007" präsent.
Mehr dazu im Ö1 Kulturkalender
Links
Ars Electronica Festival
Ars Electronica Festival - Goodbye Privacy Symposium
futurezone.ORF.at
Peter Fleischer’s Blog
Google - Datenschutz-Überblick