Ritchie Pettauer über getürkte Suchergebnisse
Google mit neuen Spielregeln
Am vergangenen Wochenende, 27. und 28. Oktober 2007, sorgte das aktuelle Google Page-Rank-Update für Aufregung unter Webmastern: Erstmals reagiert die größte Suchmaschine der Welt auf das Businessfeld "Linkverkauf" mit Strafmaßnahmen.
8. April 2017, 21:58
Maßgeblich mitverantwortlich für den Erfolg der Suchmaschine, deren Slogan "Do no evil" schon längst nicht mehr unwidersprochen stehen bleibt, ist der so genannte Page-Rank-Algorithmus. Google bemisst die Wichtigkeit einer Seite an den eingehenden Links: Je mehr themennahe Seiten auf eine bestimmte Adresse verweisen, desto höher deren Bewertung - und die wirkt sich wiederum auf die Platzierung in den Suchergebnissen aus.
Da die überwiegende Mehrheit der Surfer bei der Websuche erst gar nicht auf die zweite Ergebnisseite navigiert, kommt einer Platzierung möglichst weit oben in den Suchergebnissen entsprechend große Bedeutung zu.
Google aktualisiert die weltweit verteilten Datenbanken ständig, errechnet allerdings in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen - bislang zumeist viermal pro Jahr - eine Maßzahl, welche Auskunft geben soll über die Wertigkeit einer Seite. Daraus resultiert der so genannte "Page-Rank", eine Zahl zwischen 0 und 10, die auf einen Blick die Bedeutung einer Webadresse verraten soll.
Seiten mit hohem Page-Rank "vererben" einen Teil ihrer Google-Relevanz, wenn sie auf andere Seiten verlinken. Dieses Prinzip stellt seit Jahren die Basis von Googles Businesserfolg dar. Doch mit steigender Bedeutung der Onlinewirtschaft wurden die Methoden zur Manipulation des Page-Rank immer ausgefeilter und ein neues Businessmodell erblickte das Licht der Netzwelt: so genannte Link-Trader schufen Online-Marktplätze für die "Linkvermietung".
Link gegen Entgelt
Wer bereits eine gut indizierte und bewertete Seite betreibt, vermietet dort gegen ein monatliches Entgelt Links, der Preis richtet sich dabei nach dem Page-Rank der Seite. Diese Form der Online-Werbung richtet sich keineswegs an die menschlichen Besucher einer Webseite, sondern soll ihr lediglich zu einer besseren Google-Platzierung verhelfen.
Im deutschen Sprachraum machten Anbieter wie Teliad oder Linklift dieses Vermietungsbusiness zu einer attraktiven Einnahmequelle, die vor allem Bloggern häufig ein höheres monatliches Einkommen sicherte, als über klassische Online-Werbung möglich wäre - und wurde damit zur Konkurrenz für Adsense, Googles monetäres Zugpferd.
Das Adsense Geschäftsmodell
Die größte Suchmaschine der Welt deckt in der westlichen Welt rund 90 Prozent aller privaten Suchanfragen ab. Das eigentliche Kerngeschäft des Konzerns ist jedoch die Vermarktung der Adsense-Werbung: Mit diesem Produkt revolutionierte Google vor Jahren den Online-Werbemarkt und löste Bannerschaltungen durch die so genannte CPC (Cost per Click) Werbung ab.
Kunden, die Google Adsense Anzeigen schalten, müssen sich nicht um die Auswahl geeigneter Werbeseiten kümmern: Adsense findet thematisch passende Webseiten und schaltet die eigenen Anzeigen automatisch. Für die bloße Anzeige fallen keine Kosten an, der Kunde bezahlt erst dann, wenn ein Surfer auch tatsächlich auf die Anzeige klickt.
Strafe für Linkverkäufer
Die Links in Adsense-Anzeigen sind mit dem Attribut "nofollow" gekennzeichnet, was sie für Suchmaschinen "unsichtbar" macht, denn Google möchte sein eigenes Bewertungskonzept nicht durch bezahlte Werbeanzeigen verfälschen. Die oben beschriebene Vermietung von Links verbietet Google in seinen Nutzungsbedingungen.
Aufgrund der starken marktbeherrschenden Situation des Anbieters wagen es die wenigsten Webmaster, die Spielregeln des Branchenprimus zu brechen und halten sich an die Vorgaben. Wer das nicht tat, erlebte beim aktuellen Page-Rank eine böse Überraschung: Zwar existiert wie stets keine aktuelle Stellungnahme, dennoch deuten alle Anzeichen darauf hin, dass sämtliche "Linkverkäufer" durch einen um ein bis zwei Punkte niedrigeren Page-Rank "bestraft" wurden.
Google gibt Spielregeln vor
Diese Vorgehensweise verringert nicht nur das Einkommen der betroffenen Blogger, sondern ist wohl auch als eine Art Warnung zu verstehen: Wer die Spielregeln Googles nicht einhält, fliegt eben raus.
Damit macht die aktuelle Page-Rank-Runde vor allem eines deutlich: Ist das Quasi-Monopol erst einmal zementiert, kann ein einzelner Player ohne viel Widerspruch die Spielregeln des gesamten Online-Marktes vorgeben. Ob dies der Netz-Ökonomie auf Dauer gut tut, ist mehr als fraglich.
Ritchie Pettauer ist selbstständiger Medienberater und Autor in Wien.