So entscheidet das Gremium
Ohnmächtiger Stiftungsrat
Laut Stiftungssatzung sind grundsätzlich Mitglieder der Familie Wagner zu bevorzugen.
8. April 2017, 21:58
Der Stiftungsrat ist das wichtigste Gremium der Richard-Wagner-Stiftung. Er entscheidet darüber, wer die Bayreuther Festspiele leitet. Die Stimmenzahl in dem Gremium beträgt 24. Sie verteilt sich auf den Bund, den Freistaat Bayern (je 5), die Familie Wagner (4), die Stadt Bayreuth (3), die Mäzene "Freunde von Bayreuth", den Bezirk Oberfranken, die Bayerische Landesstiftung (je 2) sowie die Oberfrankenstiftung (1).
Stiftung als Vermieterin
Die 1973 errichtete Richard-Wagner-Stiftung ist die Eigentümerin des Festspielhauses. Sie veranstaltet die Festspiele jedoch nicht selbst, sondern vermietet lediglich das Haus.
Zur Durchführung der Festspiele wurde in den 1980er Jahren die Bayreuther Festspiele GmbH ins Leben gerufen, deren alleiniger Gesellschafter mit Vertrag auf Lebenszeit Wolfgang Wagner ist. Scheidet er als Festspielchef aus, so gehen die Geschäftsanteile an die öffentlichen Zuschussgeber sowie an die "Freunde von Bayreuth" über.
Familienmitglieder bevorzugt
Als Festspielunternehmer und damit als Leiter der Festspiele sind laut Stiftungssatzung grundsätzlich Mitglieder der Familie Wagner zu bevorzugen. Wenn eine neue Festspielleitung benannt werden soll, können daher zunächst Mitglieder der Familie innerhalb von vier Monaten Vorschläge machen.
Danach entscheidet der Stiftungsrat. Hat er Zweifel daran, ob ein Mitglied der Familie Wagner für den Posten des Festspielunternehmers besser oder ebenso gut geeignet ist wie andere Bewerber, muss er als Sachverständige drei Intendanten namhafter Opernhäuser hinzuziehen.
Warnung vor Debatte um Wagners Gesundheit
Der stellvertretende Vorsitzende der Mäzene "Freunde von Bayreuth", Georg von Waldenfels, hat die Familie von Festspielchef Wolfgang Wagner aufgefordert, diesen vor den anhaltenden Diskussionen über seinen Gesundheitszustand zu schützen. "Die Familie hat eine besondere Verantwortung", sagte von Waldenfels am Dienstag in Bayreuth.
Die Debatte um die Gesundheit Wagners hatte allerdings zuvor der Vorsitzende der "Freunde von Bayreuth", Karl Gerhard Schmidt, angeheizt. Schmidt appellierte bereits am Montag an Wagner, von seinem Amt zurücktreten. "Ich würde es im Sinne der Festspiele und der Würde Wolfgang Wagners für richtig halten, wenn er diesen Schritt tut", sagte Schmidt, der dem Stiftungsrat selbst angehört.
Ehefrau am Ruder
Der Stiftungsrat verfügt kaum über die rechtlichen Mittel, um Wagner zum Rücktritt zu zwingen. Dafür müsste vermutlich festgestellt werden, dass der 88-Jährige nicht mehr geschäftsfähig ist. Dieser Schritt dürfte angesichts von Wagners Lebensleistung - er steht seit 1951 an der Spitze der Festspiele - für niemanden in Frage kommen.
Das Gremium muss deshalb ohnmächtig mit ansehen, wie Wagners Ehefrau Gudrun (63) die Leitung der Festspiele mehr und mehr übernommen hat. Zugleich brachte sich die gemeinsame Tochter Katharina gegen ihre Konkurrentinnen, Wagners Tochter aus erster Ehe Eva Wagner-Pasquier (62) sowie seine Nichte Nike Wagner (62) in Stellung.
Peter Ruzicka im Team
Am Wochenende hatte die 29-jährige Katharina einen weiteren Coup gelandet und neben dem Dirigenten Christian Thielemann (48) als dritten Mann den renommierten Komponisten und Kulturmanager Peter Ruzicka (59) mit in ihr Bewerbungsteam geholt.
Der frühere Intendant der Salzburger Festspiele soll sich in Bayreuth um die Schnittstelle von Kunst und Geschäft kümmern. "Zu allem anderen als Bayreuth hätte ich Nein gesagt. Aber die Wagner-Festspiele sind ein Projekt von nationaler Bedeutung", sagte Ruzicka dem "Tagesspiegel". Katharina sagte der "Bild"-Zeitung: "Dieses Team kann sich wirklich sehen lassen und ist die beste denkbare Lösung für die Festspiele."
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