Kinderspielzeuge und Musikgeschichte
Komponieren auf dem Gameboy
Kinderspielzeuge wurden in der Musikgeschichte nicht nur in Leopold Mozarts "Kindersymphonie" verwendet, sondern auch in der Gegenwart finden sie den Weg auf die Bühnen dieser Welt. Auch Gameboys werden in Musikinstrumente transformiert.
8. April 2017, 21:58
Herbert Weixelbaum und die Musik aus dem Gameboy
Kinderspielzeuge - wie die Orgelhenne oder der Kuckuck - wurden in der Musikgeschichte nicht nur in der "Kindersinfonie" verwendet. Gegenwärtig finden Spielzeugmusikinstrumente und elektrisch betriebenes Spielzeug, sprechende Puppen und Tiere, also "Toys" mit integrierten Computerchips, den Weg auf die Bühnen dieser Welt.
Können Kinderspielzeuge auch Musikinstrumente sein oder untergräbt das die Würde der komplexen Musikwelten? Eine Frage, die sich Isabel Ettenauer so nicht stellt. Nach einer klassischen Musikausbildung, dem Abschluss des Klavierlehrerdiploms und Studien in der Schweiz und London widmete sich Ettenauer speziell der zeitgenössischen Musik.
"Toypiano"-Sammlung
In einem Programm, in dem sie sich vom 20. Jahrhundert verabschiedete, spielte Ettenauer 1999 erstmals die 1948 verfasste "Suite for Toy Piano" des amerikanischen Komponisten John Cage. Die Suite besteht aus fünf kurzen Sätzen und macht von neun nebeneinander liegenden weißen Tasten Gebrauch. Mittlerweile hat Isabel Ettenauer eine umfangreiche "Toypiano"-Sammlung zusammengetragen.
Das Schoenhut-Spielzeugklavier mit siebenunddreißig Tasten ist für die Pianistin das Pendant zum Steinway-Flügel. Die CD "the joy of toy" wurde im Juni 2006 mit dem Ö1 Pasticcio-Preis, der in Kooperation mit der Wiener Wochenzeitung "Falter" vergeben wird, ausgezeichnet.
Klang- und Krachmacher
Nicht nur Toypianos werden in die zeitgenössische Musikproduktion integriert. Klingende, meist mit Batterie betriebene Spielzeuge für Kleinkinder, aus denen eigentlich Melodien wie "Old McDonald had a Farm" klingen, werden vor oder während der Aufführung virtuos manipuliert, bestehende Klang- und Krachmacher werden umgebaut und zweckentfremdet.
So entsteht zum Beispiel aus einer sprechenden Puppe ein funktionstüchtiger Synthesizer. Diese Musikpraxis hat eine weltweite Community (Fan-Gemeinde) mit dem Namen "Circuit Bending", das bedeutet Schaltkreise biegen. Gameboys und Playstations, also Kinderspielzeug für die "Computergeneration", werden mittels Software in Multiuser-Musikinstrumente "transformiert".
Komponieren auf dem Gameboy
Der Elektronikmusiker Herbert Weixelbaum, gelernter Großhandelskaufmann, studierte Gitarre, Gehörbildung und Harmonielehre und unterrichtet "Instrumentalmusik Gitarre". Seinen Schülerinnen und Schülern bringt er bei, die Musik aus dem Radio auf der Gitarre zu spielen. Zur Unterhaltung während der Tagesheimbetreuung in seiner Schule im 12. Wiener Gemeindebezirk komponierte Herbert Weixelbaum auf dem Gameboy.
Der Elektronikmusiker- und Musikkurator Wolfgang Kopper initiierte aus Begeisterung für dieses "neue" Musikinstrument den "GameboyMusicClub" (unter dem Motto: "Tod der Blockflöte"). Dieser zählt mittlerweile um die vierzig Mitglieder aus allen Altersstufen und mit einem ausgewogenen Verhältnis aus Frauen und Männern, Buben und Mädchen.
Jeweils an einem Donnerstag im Monat werden öffentliche, hervorragend gut besuchte Clubabende im Wiener Gürtellokal "rhiz" abgehalten. Vom Musikmachen mit der Spielkonsole fasziniert und ergriffen, werden Besucherinnen und Besucher oft schon am selben Abend zu Musikschaffenden.
Hör-Tipp
Radiokolleg, Montag, 3. Dezember bis Donnerstag, 6. Dezember 2007, 9:45 Uhr
Links
Isabel Ettenauer
Herbert Weixelbaum
GameboyMusicClub
rhiz