Schweinefleisch und Dörrzwetschken
Weihnachtsessen im Norden
Schwein in mehreren möglichen Varianten wird im Norden zum Heiligen Abend bereitet, dem traditionell wichtigsten Weihnachtstag. Dazu gehören Rotkraut, geröstete Kartoffel, Bier und speziell für Weihnachten angesetzte Schnäpse. Und Glögg, genau!
8. April 2017, 21:58
Reden wir von Traditionen. Ich bin sicher, es gibt, wie bei uns, eine Menge Dänen und Norddeutsche, Schweden, Finnen und Norweger, die die Tradition Tradition sein lassen und kochen, wonach sie Lust haben - vielleicht sogar einen traditionellen Waldviertler Karpfen. Aber wenn sie das Fest feiern wie es schon immer üblich war, dann steht kulinarisch gesehen das Schwein im Mittelpunkt, nicht Fisch, nicht Elch und auch keine Gans.
In Finnland und in Schweden ist es der Weihnachtsschinken, in Dänemark reicht man Schweinebraten und in Norwegen und in Norddeutschland gibt's Schweinerippchen. Allen gemeinsam ist, dass immer etwas für österreichische Gaumen seltsam Süßes dabei ist: Dörrzwetschken oder Apfel- und Birnenmus oder karamellisierte Kartoffeln. Auch das Rotkraut hat einen eindeutig süßen Touch.
Gekochter Schinken
Der finnische und schwedische Weihnachtsschinken ist nur leicht gesalzen - zu diesem Zustand verhilft ihm ein nächtliches Auswässern, bevor er in mit Nelken, Pfeffer und Lorbeer versetztem Wasser gekocht wird - eine Stunde pro Kilo. Danach nimmt man ihn aus dem Sud, zieht ihm die Schwarte ab und bestreicht ihn mit einem verquirlten, mit mittelscharfem Senf und Piment gewürzten Ei, wälzt ihn in gezuckerten Bröseln und schiebt ihn ins vorgeheizte Backrohr, bis die Kruste schön goldgelb ist. Dazu gibt es die üblichen Beilagen - siehe obiger Absatz - und Bier, das "Oel" heißt (das beliebte stärkere Bier heißt sogar Elefantoel!), und Aquavit.
Der dänische Schweinebraten, ein magerer Bauch, wird erst mit der Schwarte nach untern in Salzwasser eine halbe Stunde gekocht, dann auf dem Rost des Backofens bei hoher Hitze eine halbe Stunde gebraten, wobei man das heruntertropfende Fett in einer Pfanne auffängt. Dann wird für ca. eineinhalb Stunden die Hitze reduziert. Damit die Schwarte schön knusprig wird, erleidet der Braten bei leicht geöffneter Bratofentür eine letzte sehr heiße halbe Stunde. Man reicht dazu Rotkraut und gedünstete Äpfel, sowie Zwetschken: Apfelspalten fünf Minuten in Weißwein, Zitronensaft und Zucker dünsten, die Dörrzwetschken dürfen doppelt so lange mit anderen Begleitern dünsten, nämlich mit Rum, Zitronensaft, Zimt und Zucker.
Die Norweger machen ihre Rippchen ähnlich, also erst kochen, dann braten, dann rösten, nur das Obst lassen sie weg. In Schleswig-Holstein wurde ich vor einigen Jahren mit einer ausgezeichneten, gefüllten "Dicken Rippe" beglückt, leider hab ich nirgends das Rezept gefunden, wäre also für Hinweise dankbar.
Und natürlich Glögg
Das "Danach" ist Weihnachtsbowle. Julmust heißt sie bei den Schweden, und sie enthält keinen Alkohol. Man kocht zwei Stangen Zimt etwa sechs Minuten in etwa zwei Deziliter Wasser und schüttet das abgekühlte Zimtwasser in die Bowleschüssel, in der schon je eine Flasche Limonade (original ist die mit Hopfen und Malz angereichert) und Orangen- oder Ananassaft, Saft von zwei Zitronen und diverse weihnachtliche, in Scheiben geschnittene Früchte, also Kiwi, Orangen oder Ähnliches, warten. Das Ganze sollte noch ein wenig ziehen, bevor es auf den Tisch kommt.
Und dann gibt es noch Glögg. Das ist nicht nur für Weihnachten, sondern wird den ganzen Winter über getrunken. Natürlich gibt es da auch verschiedene Zubereitungsarten. Ich mag diese am liebsten: Für zehn Personen braucht man eine Flasche Rotwein, eine Flasche Muskateller, einen Viertelliter weißen Wermut, einen halben Esslöffel Angostura bitter, acht Dekagramm Rosinen, geriebene Orangenschale von unbehandelten Früchten, und dann die Gewürze: Kardamom, Nelken, Zimt, ein Stück Ingwerwurzel, sechs Deka abgezogene Mandeln. Das verrührt man und lässt es über Nacht stehen. Vorm Servieren gibt man noch ein Glas Aquavit und zwölf Deka Zucker dazu, dann wird der Glögg erhitzt und in Bechern heiß serviert.
Hör-Tipp
Terra incognita, Donnerstag, 20. Dezember 2007, 11:40 Uhr
Links
chefkoch.de - Julmust
Die ganze Nordsee - Weihnachten in den Nordseeländern