Alberto Zedda und das Rossini Opera Festival Pesaro

Ein Mann in seinem Element

Er ist Dirigent mit Vorliebe für Belcanto. Er ist Musikforscher und Intendant des Rossini Opera Festival Pesaro. Vor allem aber: Auch mit 80 bringt Alberto Zedda vom Dirigentenpult aus die Musik von Bellini, Rossini, Donizetti mitreißend zum Singen und Tanzen.

Rossini lebt - wenn Alberto Zedda dirigiert. In den letzten Jahren tut er das vor allem in Spanien, zwischen La Coruna und Madrid, an der Deutschen Oper Berlin, bei "Rossini in Wildbad" im Schwarzwald, und wann immer in Opernhäusern im Norden Europas die Kombination aus musikwissenschaftlicher Akribie und musikantischem Feuer gefragt ist.

Musikant und Wissenschaftler
Alberto Zedda ist Dirigent - mit starken Vorlieben für die Ära des Belcanto. Er ist Musikforscher: Wenn heute irgendwo auf der Welt Rossinis "Barbier von Sevilla" aufgeführt wird, sollte das in der von ihm erstellten kritischen Edition geschehen. Und er ist seit einigen Jahren auch Intendant, passender Weise beim Rossini Opera Festival Pesaro.

Vor allem aber: Auch mit 80 bringt Alberto Zedda vom Dirigentenpult aus die Musik von Bellini, Rossini, Donizetti derart mitreißend zum Singen, Tanzen und Moussieren, dass es eine Freude ist. Zitat aus einer Kritik: "Eigentlich sieht Alberto Zedda aus wie ein Komiker in einer Komödie von Eduardo de Filippo; aber wenn er mit ausladender plastischer Körpersprache Rossini dirigiert, dann explodiert der kleine hagere Mann förmlich. Man sieht: er ist in seinem Element".

Alberto Zedda und die "Belcanto-Renaissance"

Schon in den 1970er und 80er Jahren war Alberto Zedda einer der "Motoren" der Belcanto-Renaissance. Unter anderem beim Festival della Valle d'Itria im süditalienischen Martina Franca, wo er gemeinsam mit Italiens "Stimmpapst" Rodolfo Celletti vorführte, wie ein "Pirata" von Bellini, eine "Adelaide di Borgogna" klingen können - mit darauf trainierten Stimmen und zugleich "come scritto", streng nach den Noten, aber beseelt. In Pesaro dirigiert Alberto Zedda, als künstlerischer Leiter dort, zurzeit nicht mehr, und ob die "Ära Zedda" einmal als eine Blütezeit in die Festspielgeschichte eingehen wird, muss sich erst herausstellen.

Wenig Erfreuliches in Pesaro 2007
Der Sommer 2007 ist beim Rossini Opera Festival großteils enttäuschend verlaufen. Während man bei den Spielstätten und bei der Zahl der angebotenen Aufführungen expandiert, wird vor allem bei den Opern-Sängerbesetzungen der Sparzwang bereits deutlich hörbar - oder hat Pesaro bei der Auswahl der Künstler keine gute Hand mehr? Juan Diego Florez als Rodrigo konnte den neuen "Otello" mit seiner Ansammlung von Sängern jenseits des Zenits nicht mehr retten, im "Turco in Italia" klang es überhaupt phasenweise wie von einer Provinzbühne.

Nach Jahren der Suche nach einem "orchestra stabile" ist man beim Haydn-Orchester von Bozen und Trient fündig geworden, das allerdings in den Rossini-Stil erst hineinwachsen müsste - oder von profilierten Dirigenten dorthin geführt werden. Einziger Lichtblick 2007: "Die diebische Elster", "La gazza ladra", ein Werk, das auf internationalen Bühnen so selten auftaucht, dass es auch die Reise nach Pesaro lohnt, mit einem Ensemble von Mariola Cantarero bis Michele Pertusi.

Wohin geht das Rossini Opera Festival?
Grundsätzliches Problem: Die eigentliche Aufgabe, für die das Rossini Opera Festival einmal gegründet worden ist, Rossini-Opern in auch wissenschaftlich haltbaren Editionen zu präsentieren, ist erfüllt, und sobald moderne Regisseure über Rossini herfallen, protestiert das Pesareser Publikum. Gerüchteweise ist von hartnäckigen Streitereien hinter den Kulissen zu hören: Speziell die Tatsache, dass Pesaro in letzter Zeit auch bei den Dirigenten schwächelt, wird darauf zurückgeführt, dass der Sohn eines der Herren der Festivalleitung gerade dabei ist, sich als Kapellmeister zu profilieren, und bald in Pesaro Einzug halten soll, möglichst triumphierend …

Wahrscheinlich ist Alberto Zedda zu sehr Musiker, um mit dem sprichwörtlichen "eisernen Besen" dreinzufahren. Er verweist auf die Planung für 2008. Da wird Juan Diego Florez, der sich in Pesaro angesiedelt hat, das Festival mit einem Recital eröffnen, auf das "Ermione" und "Maometto II" folgen werden, "Maometto" mit dem Pesaro-Heimkehrer Gustav Kuhn am Dirigentenpult. Auch "L'equivoco stravagante" wird gespielt, eine von Rossinis frühen Buffo Opern, die Alberto Zedda selbst noch vor ein paar Jahren in Bad Wildbad dirigiert hat und 2004 an der Deutschen Oper Berlin, prickelnd, mitreißend, verzaubernd - so wie Rossini im Idealfall sein kann.

Hör-Tipp
Apropos Oper, Donnerstag, 3. Jänner 2008, 15:06 Uhr