Chemikalien ohne Ende

Exotische Früchte um jeden Preis

Frische exotische Früchte zu jeder Jahreszeit - für viele Supermarkt-Kunden in Europa ist das selbstverständlich. Unter welchen Umständen Bananen, Mangos oder Ananas produziert und geerntet werden, wollen viele Konsumenten lieber nicht so genau wissen.

Die großen Ananas-Plantagen in Costa Rica zeigen, wie sehr Menschen, Tiere und Umwelt durch den herkömmlichen Anbau belastet werden können. In den vergangenen Jahren werden in den USA und Europa immer mehr Ananas gegegessen, allein in Österreich hat sich der Ananas-Konsum in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdreifacht. Dementsprechend werden in Costa Rica immer mehr Ananas angebaut, die Anbaufläche hat sich seit dem Jahr 2000 fast vervierfacht - oftmals zu Lasten des Regenwaldes. Um möglichst schnell, möglichst billig, möglichst viele Ananas zu produzieren, werden auf vielen Ananasplantagen massiv Chemikalien eingesetzt, um die Ausbreitung von Schädlingen zu verhindern.

Verseuchtes Trinkwasser

Zum Einsatz kommen Insektizide, Fungizide und Pestizide wie Paraquat, das in Europa bereist verboten ist. Gespritzt wird meist ohne Rücksicht auf die Bevölkerung, viele Menschen leiden deshalb bereits unter Asthma und Ausschlägen, berichtet Martin Chario Castillo vom Umweltausschuss in Villa Franca. Villa Franca liegt im Nordosten des Landes, einem der wichtigsten Anbaugebiete von Ananas in Costa Rica. Durch den massiven Chemikalieneinsatz auf den Ananasfeldern ist vielerorts bereits das Trinkwasser verseucht, Magenprobleme, aber auch Störungen des Nervensystems sind die Folge.

Wer krank ist oder sich wehrt, wird gekündigt

Besonders schlimm treffen die Chemie-Bomben allerdings die Feldarbeiter: "Wir arbeiten ohne Schutzkleidung und ohne Schutzbrillen. Die Tanks, die wir am Rücken tragen sind oft undicht. Ich bin am ganzen Körper verätzt, meine Hoden sind geschwollen", erzählt Victor Hugo Gonzales Perez, der viele Jahre auf einer der großen Ananasplantagen in Villa Franca gearbeitet hat. Vor kurzem wurde der 48-Jährige gekündigt. Ein offizieller Grund dafür wurde nicht genannt, es sei aber normal, dass Arbeiter, die sichtbare Schäden vom Chemie-Spritzen davon tragen, einfach gefeuert werden, sagt Martin Chario Castillo vom regionalen Umweltausschuss.

Gekündigt werde meist auch, wer sich gegen die Zustände auf den Ananasfeldern wehrt und seinen angeschlagenen Gesundheitszustand bei der dafür zuständigen Versicherungsstelle meldet. "Dort wird ein Akt angelegt, das kriegt der Arbeitgeber schnell mit und feuert den Arbeiter."

Störungen des Ökosystems

Chemikalien werden auf den großen Ananasplantagen oft auch nach der Ernte eingesetzt, um die Pflanzenreste nicht händisch entfernen zu müssen. Die so abfaulenden Ananasreste fördern jedoch die massive Ausbreitung der Stechfliege Stomoxys Calcitrans - und diese saugt die Rinder der Umgebung buchstäblich aus, erklärt Martin Chario Castillio. Die kleinen Viehzüchter verlieren dadurch ihre Lebensgrundlage und müssen ihren Grund und Boden verkaufen, die Planatagenbesitzer kommen so billig an neues Land und Arbeiter.

Es geht auch fair

Ein Gegenmodell dazu sind Plantagen, die nach dem Prinzip von Fairtrade geführt werden, wie in Los Angeles de Moreno Canas in der Region Upala im Nordwesten Costa Ricas. Auf den Feldern der Kooperative Asoproagroin müssen Umweltstandards eingehalten werden, Chemikalien dürfen nur dann eingesetzt werden, wenn es wirklich nötig ist, die Arbeiter müssen Schutzkleidung tragen. Neben den Umweltstandards gelten für die Bauern auch Sozialstandards, Feldarbeiter etwa müssen gerecht entlohnt werden, ausbeuterische Kinderarbeit ist verboten.

Faire Löhne und Sozialstandards

Dafür bekommen die Fairtrade-Bauern einen garantierten Mindestpreis, der über dem Weltmarktpreis liegt, und eine fixe Fairtrade-Sozialprämie - beides wird von den Konsumenten in Europa und den USA finanziert, die bereit sind für fair gehandelte Produkte mehr zu bezahlen. Über die Verwendung der Fairtrade-Sozialprämie wird unmittelbar vorort entschieden, in Los Angeles de Moreno Canas wurden damit eine Wasserleitung und eine Gemeindezentrum gebaut, als nächstes folgt eine Schule.

Fairtrade-Ananas in Österreich

Fairtrade-Ananas gibt es in Österreich zur Zeit in ausgesuchten Billa- und Merkurfilialen und bei der Tiroler Supermarkt-Kette MPreis. "Leider ist der Anteil an Fairtrade-Ananas in Österreich noch sehr gering", so Hartwig Kirner, Geschäftsführer von Fairtrade Österreich, "Wir würden uns wünschen, dass die österreichischen Händler hier entschlossener vorgehen."

Die Kunden entscheiden

Eine durschnittliche konventionelle Ananas kostet in Österreich rund zwei Euro, die Fairtrade-Bio Ananas zwischen drei und drei Euro-fünfzig - ein deutlich höherer Preis, der aber garantiert, dass auf der Ananas keine Pestizid-Rückstände zu finden sind und beim Gedanken an Ausbeutung von Mensch und Umwelt der Bissen nicht im Hals stecken bleibt.

Hör-Tipp
Saldo, jeden Freitag 9:45 Uhr

Links
Fairtrade Österreich
Wikipedia - Costa Rica
Proagroin - Fairtrade-Ananas-Vertriebsgesellschaft