Niavaranis gesammeltes Leben

Encyclopaedia Niavaranica

Ständig zu spät sei Michael Niavarani, dauernd in Zeitnot. Soll doch jemand anderes seine Bücher ordnen - etwa Thomas Mraz, der gemeinsam mit ihm in "Encyclopaedia Niavaranica" auf der Bühne steht. Sie schlichten Niavarani alphabetisch.

Der erste Schritt in ein geordnetes Leben!

"Ich mache keine Witze, ich mache Pointen! Das sind ein bissl teurere Witze", lässt der "Simpl"-Chef Michael Niavarani das Publikum gleich zu Beginn wissen. Im eigenen Haus feierte der bald Vierzigjährige vor kurzem Premiere mit seinem neuen Programm "Encyclopaedia Niavaranica - Ich alphabetisch geordnet". Ein Solo, das eigentlich keines ist. Denn während Niavarani versucht, sein Stück zu spielen, wird er ständig von einem Spediteur namens Anton Wimmetal gestört.

Thomas Mraz, vorlauter Jungkomödiant, der in letzter Zeit auch als Regisseur von Gery Seidls Solo-Debüt positiv aufgefallen ist, steht Niavaranai hier zur Seite - oder eigentlich im Weg. Er hat im Auftrag des Künstlers sieben leere Bücherregale auf die Bühne gestellt und dazu etliche Kartons, vollgepackt mit Lesestoff. Der so vielbeschäftigte und daher stets streßgeplagte Niavarani will nämlich endlich Ordnung in sein hektisches Leben bringen und - um die Zeit optimal zu nützen - während der Vorstellung seine Bibliothek neu sortieren.

Latent zu spät

Auch zum Interviewtermin kommt Niavarani prompt eine halbe Stunde zu spät. Aber das ist im Grunde noch garnichts, denn - so erfährt man im Programm - er schafft sogar das Kunststück, drei Termine gleichzeitig zu versäumen. Während Niavarani also versucht, nicht total im Chaos zu versinken und sein Leben wieder in den Griff zu bekommen, blättert er in seinen Büchern und macht sich Gedanken über die Leiden unserer Zeit: Termindruck, Informationsflut, Konsumrausch, komplizierte Beziehungsverhältnisse, Gesundheitswahn, Burnout, aber auch Fremdenfeindlichkeit und Rassismus.

"Ich bin hier in Wien mit Persern und Österreichern aufgewachsen, aber im Kabarett ist das Ausländerthema natürlich immer ein Grenzgang. Wir dürfen lachen, aber wir dürfen nicht verachten." Und erst wo das Lachen erlaubt ist, findet echte Integration statt, so Niavarani. Auf der "Simpl"-Bühne erzählt der Hausherr, wie in seiner Familie islamische Weihnachten gefeiert wurden: "Der Christbaum schaut nach Mekka und der Karpfen ist verschleiert."

Doch zurück zu Niavaranis Grundproblem: der Zeitnot. In einer der Kisten findet er ein Buch, in dem fein säuberlich aufgelistet ist, womit wir unsere Lebenszeit vergeuden. Im Laufe unseres Daseins verschlafen wir angeblich durchschnittlich 23 Jahre, wir verbringen 31 Jahre mit Medienkonsum und sitzen sechs Jahre am Klo. "Oida, so lang war ich nicht einmal am Gymnasium!"

Schauspiel statt Schule
Das trifft auch auf den realen Michael Niavarani zu. Der hat das Gymnasium schon nach der 6. Klasse abgebrochen, um Schauspieler zu werden. Das fehlende Wissen hat er sich von da an eben selber angelesen - daher die vielen Bücher, die in "Encyclopaedia Niavaranica - Ich alphabetisch geordnet" sortiert sein wollen. Der beruflichen Karriere hat die fehlende Matura jedenfalls nicht geschadet, schon im zarten Alter von 25 Jahren übernahm Niavarani das so noble wie traditionsreiche Kabarett-Lokal in der Wiener Wollzeile und war damit der jüngste "Simpl"-Chef aller Zeiten.

Ausverkauftes Sammelwerk
Leichte, doch höchst bekömmliche Kost bietet Michael Niavarani gemeinsam mit Thomas Mraz in "Encyclopaedia Niavaranica". Die Vorstellungen im "Simpl" sind bis Anfang nächsten Jahres ausverkauft, eine kleine Tournee durch die Bundesländer ist geplant. Wer Niavarani früher sehen will, der sei auf das Comedy-Quiz "Was gibt es Neues?" verwiesen, jeden Freitag in ORF1. Und im Herbst strahlt der ORF Niavaranis neue zehnteilige Fernseh-Serie "Ex" aus, ein amüsantes Verwirrspiel um Beziehungen, Trennungen und Sex.

Hör-Tipp
Contra, Sonntag, 6. April 2008, 22:05

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Kabarett Simpl
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