Es war ganz einfach

Sahne, Falter, Smetana

Alle Schmetterlinge (bis auf Apollo und Pfau) träumen denselben Traum, und das mitten in mir. Ich bin nicht Grönemeyer, so fliegen die Flugzeuge artig nach Schwechat, aber an der Westeinfahrt von Wien singt Beth Gibbons und wird mit einem Mal alles eins.

Bei der Stadteinfahrt sehe ich ein Flugzeug im Anflug auf Schwechat. Der Schmetterling entsprang der Sahne, die Sahne heißt Smetana, die Hexen kamen als Falter und stahlen die Milch. Die Hexen kamen als Falter und stahlen die Milch mit der Sahne, die Sahne heißt Smetana, und ihr entsprang der Schmetterling. Der Apollofalter ist auf der roten Liste, ein Pfauenauge lag tot im Rinnsal, und alle restlichen Schmetterlinge träumen, dass sie meinen Magen besetzen, alle machen mit. Es kommen Füchse dazu, ein Uhu, und im Stockdunklen wandelt Johan Nilsen Nagel einher.

Ein zweites Flugzeug senkt sich Richtung Schwechat, die Stadteinfahrt ist verstopft mit Individualverkehr, mit Unteilbaren. Es kommen die Füchse in den Magen und legen sich zwischen die Schmetterlinge, das löst eine Kettenreaktion aus, und jetzt brennen alle und freuen sich auch noch, ein brennendes Zelt und ich mittendrin oder ich drum herum. Beides. Oder beides. Zwei. Wie geht das? Wo es doch immer nur eines gibt. Eines ist Teil des Ganzen, ein anderes ist Teil Desselben. Sind die beiden nun eins? Und warum ist das eine mit dem meisten anderen manchmal so uneins? Sahne, Falter: Schmetterling.

Die Hexen wurden verbrannt, die Füchse entfachen die Schmetterlinge als Feuer, insgesamt brennt es. Im Auto. Nach Wien. Nach Hause. Also weg. Aus einem norwegischen Küstenstädtchen, vom See, wo mit einer kleinen Silberangel nach dem Einzigen geangelt wurde. Wann weiß man, dass man es an der Angel hat? Und was fängt man damit an? In den Mysterien gibt es keine Antworten. Ein brennendes Zelt und die Welt drum herum. "If I should fall / would you hold me", fragt Beth Gibbons. Aus dem brennenden Schmetterlingsmagen dringt es: "Yes!" Das ist wohl ein Einziges, die einzige Möglichkeit, ein aus dem Hintergrund getretenes Ja für zwei aus dem Hintergrund getretene Menschen auf einem aus dem Hintergrund getretenen Ball namens Erde, welcher sich gleich neben dem unentschlossenen Mond befindet, von wo die Falter kamen, um nach Milch zu angeln, dem Einzigen, was sie wollten. Es war ganz einfach: Sie wollten die Milch trinken. Sie angeln, die Milch beißt an, die Falter trinken, ein drittes Flugzeug fliegt über Wien, es wird dunkel.

Man kann das Pfauenauge nicht mehr sehen, rot wird grau, Rot wird Grau. Oder beides. Schmetterling. Einer entfloh dem Feuer und erzählte mir von der Angel, den Füchsen, dem Uhu, dem Kuss. "S gbt", sagt der Schmetterling, "immr nr dn nn." "Den einen Kuss...", sage ich, und der Schmetterling nickt. "D msst wssn, dss jdr Kss dr nzg st!" Er fliegt auf, und mit ihm in diese Dunkelheit fliehen hört man ein U, noch ein U und ein I, ... der Uhu ist davon, die Füchse hinterher, dann die anderen Falter, sie verdunkeln zuerst die Stadt, aber als sie den Nachthimmel bedecken, wird er weiß wie Milch. Beth Gibbons fragt mich einmal noch: "And if I fall / would you hold me?" Ich sage: "Es war ganz, und es war einfach. Oder beides. Also ja." Und als endlich der letzte Schmetterling meinen Magen verlassen hat, geht alles wieder von vorne los: Der Mond, der See und die Angel, das Brennen, die Falter und der Kuss.

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