Ein Hörspiel entsteht
Alles Helden
Vor dem Hintergrund der verheerenden Terroranschläge in Madrid und London stellt der in Berlin lebende österreichische Autor Andreas Jungwirth den scheinbar leichten Dialogen die allgegenwärtige Möglichkeit gegenüber, selbst Opfer eines Anschlags zu werden.
8. April 2017, 21:58
Ein zentraler Ort in Andreas Jungwirths Hörspiel "Alles Helden" ist eine U-Bahnstation in einer nicht näher beschriebenen Großstadt; hier begegnen die Protagonisten einem geheimnisvollen "Mann", dessen Absichten und (Fahr-)Ziel im Ungenauen bleiben.
Die Überlegung, diese Szenen auf einem realen Bahnsteig der Wiener Linien aufzunehmen, lag also nahe. Für die Umsetzung des Textes, der gerade in den Szenen mit dem Mann eine diffuse Bedrohung ausstrahlt, wünschte ich mir andererseits jedoch eine schwebende Atmosphäre, die weder real noch konkret sein sollte.
Arbeiten mit dem Ort
Die U-Bahnstation Taubstummengasse brachte architektonisch und akustisch die geeigneten Voraussetzungen mit - der Rest war Überzeugungsarbeit, Vorbereitung der technischen Realisierung, Organisation und nicht zuletzt "grünes Licht" der Wiener Linien.
In einer Nacht von Dienstag auf Mittwoch gehörte die Station von der Abfahrt der letzten Bahn bis zum Morgengrauen uns. Viereinhalb Stunden für fünf Szenen, nicht viel Zeit, deshalb probten wir sie schon am Nachmittag im Funkhaus.
Während man noch vor einigen Jahren für Außenaufnahmen einen Übertragungswagen benötigte, stehen uns heute mit der digitalen Technik kompaktere und praktischere Geräte zur Verfügung. Als Aufnahmegerät entschieden wir uns für einen Festplattenrekorder mit vier Kanälen, der auch bei Filmaufnahmen zum Einsatz kommt: je ein Mikrofon für die beiden Sprecher der Dialog-Szenen und zwei Mikrofone für die Raumakustik. Das Verhältnis zwischen Sprache und Raum wurde erst im Studio bei der Mischung festgelegt.
Kontrast von innen und außen
Die Herausforderung bei Außenaufnahmen besteht unter anderem darin, dass jede Szene im Grunde so lange wiederholt werden muss, bis sie perfekt ist. Aufgrund der dominanten Raumakustik, die nie ganz gleich klingt, ist es fast nicht möglich, verschiedene Aufnahmefassungen einer Szene zusammenzuschneiden.
Wie ich gehofft hatte, beeinflusste die unwirkliche Atmosphäre der verlassenen, nächtlichen U-Bahnstation entscheidend die Haltung der Schauspielerinnen und Schauspieler und deren Spiel - so, wie beim Theater das Kostüm, ein Requisit oder das Bühnenbild den Schauspielerinnen und Schauspielern bei der Interpretation und Gestaltung einer Rolle helfen können.
Diese "Auftritte" erlaubten uns bei Montage und Mischung im Studio, mit langen Überblendungen zu arbeiten, die im Gegensatz zu den schnellen Schnitten der Szenen stehen, die wir im Studio aufgenommen haben. Durch die akustischen und stilistischen Mittel, die die "Begegnungen mit dem Mann" von den im Studio aufgenommenen, realistisch geprägteren "Familienszenen" unterscheiden, entstand eine Verfremdung, die der schwer fassbaren Bedrohlichkeit gerecht wird, die von diesen Textstellen ausgeht. Aus dem Kontrast zwischen Außen- und Studioaufnahme, lebt das Hörspiel "Alles Helden".