Die Kunst des Sponsorings - Teil 5
Freund oder Feind?
Private Kunstsammlungen sind die beliebteste Art des Kunstsponsorings in Österreich. Doch können privat geführte Museen den öffentlichen Häusern gefährlich werden und damit auch der öffentlichen Sphäre einer Gesellschaft, mitsamt ihren Debatten?
8. April 2017, 21:58
Ist die Privatwirtschaft Freund oder Feind künstlerischer Vielfalt und Entwicklung? Dass neue Unternehmensstrategien zu gut funktionierenden Partnerschaften zwischen privaten Sponsoren und Künstlern oder Künstlerinnen führen können, ist nicht abzustreiten.
Zu Recht sehen öffentliche Kunstinstitutionen das wachsende Interesse der Privatwirtschaft an Kunstankäufen allerdings auch als Gefahr für die Nachhaltigkeit öffentlicher Sammlungen und das künstlerische Gedächtnis der Gesellschaft: Wer bestimmt, was gesammelt wird, und wie nachhaltig sind private, Event-mäßig inszenierte Sammlungen?
Der freundliche Feind?
In Deutschland stellen private Häuser bereits eine ernstzunehmende Konkurrenz in der Museenlandschaft. Etwa 1.500 professionelle private Kunstsammler habe das Land zurzeit, schätzt der Unternehmer Roman Maria Koidl, der im Juni Berlins private "Kunsthalle Koidl" eröffnete.
Ein "freundlicher Feind" sei die Wirtschaft der Kunst, so lautete die Eröffnungsausstellung einer öffentlichen Einrichtung, nämlich des Leipziger Museums "Galerie für Zeitgenössische Kunst". Das in öffentlich-privater Partnerschaft geführte Haus widmet sich bis 2010 dem Schwerpunkt privaten Engagements in der Kunst.
Während des zweijährigen Projektes "Carte Blanche" können dort jene ausstellen, die zahlen, also Privatsammler, Unternehmen und Galerien - und dafür im Alleingang bestimmen. Leiterin Barbara Steiner will hier in künstlerisch-ironischer Zuspitzung der Situation öffentlicher Institutionen transparent machen, denn nicht der Einfluss von Privatsammlern auf öffentliche Einrichtungen sei heute problematisch, sondern mehr die Tendenz, dass Privatpersonen sukzessive das Interesse an diesen Museen verlieren, meint sie.
Kein Druck für Private
Private Sammler müssten Museen nicht mehr unter Druck setzen. Sie bauen sich ihre eigenen, stellen Direktoren ihrer Wahl ein, haben mitunter eine größere Zahl von Besuchern als die tradierten Häuser selbst.
Das hat Effekte auf den öffentlichen Raum, in dem verschiedene gesellschaftliche Gruppen ihre Interessen artikulieren, verfolgen und verteidigen sollten: Privatpersonen können sich diesen Debatten aussetzen, müssen das aber nicht.
Kunstsammlungen in Österreich am beliebtesten
"Vermehrt sind renommierte Unternehmen nicht nur im Kunstsponsoring tätig, sondern bauen auch selbst umfangreiche und wertvolle Sammlungen auf. (Sie) treten damit stärker in der Öffentlichkeit auf und werden dadurch auch wichtigere Akteure am Kunstmarkt", leitete Kurt Wagner von Kulturkontakt Austria dessen Symposium "Kunstsammlungen privater Unternehmen" im letzten Jahr ein.
András Pálffy, Präsident der Wiener Secession, sieht die Situation in Österreich jedoch nicht vergleichbar mit jener in Deutschland, wo "andere Maßstäbe herrschen". Die Eröffnung des privaten Museums Liaunig, die im August in Kärnten stattfand, sei eben nicht mit Sammlungen wie Thyssen vergleichbar.
Secession schmalspurgefördert
Der Zeit ihre Kunst, der Kunst ihre Freiheit. Dieser Grundsatz der Wiener Secession, die sich 1897 als Abspaltung vom Künstlerhaus und seinem damaligen konservativen Kunstverständnis gründete, schließt Kooperationen mit privaten Sponsoren nicht aus.
Seit 1997 wird die Künstlerdemokratie von der Erste Bank gefördert, in einer Art, die Pálffy als "ideal" bezeichnet und die in den letzten fünf bis sechs Jahren erheblich finanziell ausgeweitet wurde. "So wünsche ich mir einen Förderer. Eine ausgezeichnete Gesprächsebene, die auch Verständnis dafür aufbringt, dass eine Künstler- und Künstlerinnen-Vereinigung auch einmal etwas daneben setzen kann."
Ein Drittel ihres Budgets bezieht das Haus von Sponsoren, ein Drittel machen Bund und Land gemeinsam aus. Im Vergleich zu anderen Institutionen sei die Secession eine "Schmalspurausgabe", was öffentliche Förderungen betrifft. Trotzdem, "ohne den Staat würde das hier auch nicht gehen".
Zentrale Leistung Kunst
Mit der künstlerischen Ironie einer Ausstellung à la "Carte Blanche" kann er nichts anfangen: "Man darf nämlich einen Umstand nicht übersehen: Was passiert dort, wer bestimmt über wen, und wer bezahlt für was? Eigentlich ist eine künstlerische Leistung das zentrale Thema und nicht der zweckgebundene Hintergrund, der plötzlich zum Vordergrund wird. Und das finde ich dann nicht mehr ironisch, das finde ich zynisch."
Und die Position österreichischer Künstler?
"Ich glaube, dass es wichtig ist, dass wir über die Diskussion 'Kunst und Wirtschaft' hinausgelangen. Darin wird immer Polarität, Unvereinbarkeit mitschwingen. Wenn wir offen diskutieren, können wir sicherlich mehr erzielen als Kunstbeziehungsweise Künstler als Marken, als ökonomische Modelle zu integrieren", äußerte sich der Künstler und Ökonom Gerald Nestler auf dem von Kulturkontakt ausgerichteten Symposium.
In diesem Herbst wird man aber hoffentlich noch vielfältige Positionen zu diesem Thema hören: Dann nämlich plant die Secession eine Diskussionsreihe zum Thema Kunst und Ökonomie mit dem Titel "Welche Freiheit?"
Mehr dazu in oe1.ORF.at
Die Kunst des Sponsorings - Teil 1
Die Kunst des Sponsorings - Teil 2
Die Kunst des Sponsorings - Teil 3
Die Kunst des Sponsorings - Teil 4
Buch-Tipp
Kulturkontakt Austria, "Kunstsammlungen privater Unternehmen. Vom Sponsoring zur Kulturvermittlung", 2007
Links
Sponsoringdatenbank Kulturkontakt Austria
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