Opernstars in Niederösterreich
25 Jahre "Amici del Belcanto"
Die "Amici del Belcanto" bringen Opernraritäten und Weltstars ins südliche Niederösterreich und organisieren Opernreisen, vor allem nach Italien. Interessante Nischen des Opernbetriebes werden ausgelotet und Opernstars nach Niederösterreich gelockt.
8. April 2017, 21:58
Exakt 112.282 Vereine existierten laut Auskunft des Innenministeriums per Ende Dezember 2007. Viele davon beschäftigen sich dabei mit Musik im Allgemeinen, einige aber haben sich nahezu ausschließlich der Oper verschrieben.
Die "Freunde der Wiener Staatsoper" zum Beispiel, die im Programm von Ö1 regelmäßig vertreten sind. Ebenso gibt es die "Wiener Volksopernfreunde", die Gesellschaft der Grazer Opernfreunde, den Verein der "Freunde der Musik Gaetano Donizettis" und so weiter.
Große Oper in Niederösterreich
Einen ganz besonderen Rang aber nehmen die "Amici del Belcanto" ein. Vor 25 Jahren im südlichen Niederösterreich - in Neunkirchen - gegründet, wurden sie durch ihre Veranstaltungen rasch weit über die Grenzen Österreichs bekannt.
Waren es zunächst Solistenkonzerte mit mehr oder weniger bekannten Opernstars, wie man sie aus Italien kennt, so wagte man sich 1992 zum ersten Mal auch an eine komplette Opernaufführung, natürlich nur in konzertanter Form.
Fahrdienstleiter und Impressario
Michael Tanzler, der umtriebige Präsident des Vereines und im Hauptberuf Fahrdienstleiter bei den ÖBB, hat im Laufe des letzten Vierteljahrhunderts viele Kontakte zur internationalen Opernszene aufgebaut, die bei den vom Verein veranstalteten Opernreisen (zumeist nach Italien) auch regelmäßig ausgebaut werden.
Zusammen mit seiner Generalsekretärin und Lebensgefährtin Elisabeth Marksteiner weiß er geschickt interessante Nischen des Opernbetriebes auszuloten und so manche einstige und zukünftige Opernstars nach Niederösterreich zu locken. Wobei die herzliche Betreuung und die ehrliche Begeisterung des Publikums meist verlockender wirken als so manche fragwürdige Produktionen, die heute vielfach von den hoch subventionierten Bühnen angeboten werden.
Opernraritäten live
Insbesondere aus Wien pilgerten in den letzten 25 Jahren immer wieder Opernbegeisterte nach Neunkirchen, Wimpassing oder Ternitz, entweder um lang vermisste Opernlieblinge endlich wieder einmal live zu erleben, oder um selten oder überhaupt noch nie in Österreich aufgeführte Opern zu hören.
So handelte es sich beispielsweise bei den Verdi-Opern "La Battaglia di Legnano" (2005) und "Alzira" (2007) um österreichische Erstaufführungen. Aber auch bei Werken wie "Adriana Lecouvreur" (Cilea/1995), "Norma" (Bellini/1996), "Caterina Cornaro" (Donizetti/1997), "La Gioconda" (Ponchielli/1999), "I Masnadieri" (Verdi/2001), "Anna Bolena" (Donizetti/2003) ging es um ausgesprochene Raritäten, vor denen selbst renommierte Opernhäuser zurückschrecken, einerseits weil sie fürchten, die oft etwas verstaubt wirkenden Libretti nicht zeitgemäß umsetzen zu können, andererseits weil alle diese Werke auch in musikalisch-sängerischer Hinsicht höchste Anforderungen stellen.
Ein Veteran als Stargast
Dabei galt es auch für Michael Tanzler viele Hürden zu nehmen. Vor allem in den Anfangszeiten gab es so manche Pannen. Sänger, die zunächst bereitwillig zugesagt hatten, überlegten es sich dann plötzlich anders und brachten die Veranstalter nicht selten zur Verzweiflung. Im Grunde genommen aber war den "Amici" das Schicksal doch immer wieder gewogen und aus so mancher Umbesetzung wurde ein heftig akklamierter Dauergast.
Schon im allerersten Konzert - 1981, noch vor offizieller Vereinsgründung - sagte der vorgesehene Tenor ab und der schnell herbeigerufene Ersatztenor erlitt einen Autounfall. Da sprang gänzlich unvorbereitet ein Veteran ein, den man noch aus der Karajan-Ära an der Staatsoper kannte: der Sizilianer Salvatore Puma rettete den Abend und wurde so stürmisch gefeiert, dass man ein halbes Jahr später ein Solokonzert mit ihm einschieben musste - allen die dabei waren, wird der Name Salvatore Puma stets in Erinnerung bleiben.
Weltstars in Neunkirchen und Umgebung
Schwerlich können hier alle Künstlerinnen und Künstler aufgezählt werden, die bei den "Amici" in den letzten 25 Jahren aufgetreten sind, zumindest einige Namen aber sollten erwähnt werden: Ines Salazar zum Beispiel, die venezolanische Sopranistin, die zumindest für Österreich von den "Amici" entdeckt wurde und danach Weltkarriere gemacht hat. Oder Andrea Martin, Dr. jur. und Bariton, ein Österreicher mit italienischen Wurzeln und von der ersten Stunde an Dauergast bei den "Amici".
Ganz zu schweigen von Weltstars wie Ghena Dimitrova, Denia Mazzola-Gavazzeni, Nelly Miricioiu, Fiorenza Cossotto, Lucia Valentini-Terrani, Carlo Cossutta, Alberto Cupido, Ignacio Encinas, Giuseppe Morino, Bruno Pola, Aldo Protti, Simone Alaimo, Bonaldo Giaiotti, Giorgio Surian...
Fünf Stunden Belcanto
Mit einem Monster-Jubiläumskonzert in der schmucklosen Stadthalle von Ternitz sind die "Amici" am 11. Oktober 2008 ins zweite Vierteljahrhundert gestartet. Zwölf hochrangige Solisten sorgten dabei für mediterrane Stimmung, die nach fünf (!) Stunden und mit einem gemeinsam angestimmten "O sole mio" ihren Höhepunkt erreichte. Langweilig war dabei garantiert niemandem.
Hör-Tipp
Apropos Oper, Dienstag, 21. Oktober 2008, 15:06 Uhr
Link
Amici del Belcanto