Salsa mag man eben

Archaisches Machotum

Gut eintausend Wienerinnen und Wiener gehen regelmäßig Salsatanzen. Sie treffen einander in den Tanzclubs der Stadt, bei Workshops und auf Festivals. Nach zwölf Tanzstunden beherrschen auch Untalentierte den Grundschritt.

"Den Südamerikanern ist das Körper- und Rhytmusgefühl angeboren, sie kommen damit auf die Welt. Die Österreicher müssen das 'Körperlächeln' erst erlernen," sagt Hernán Toldeo. Der Tänzer, Choreograph und Tanzstudiobesitzer aus Peru hat vor knapp 20 Jahren im Auftrag des Österreichischen Tanzschulverbandes begonnen, an den Wiener Tanzschulen "Salsa" zu lehren.

Der US-Tanz und Musik-Film "Salsa it's hot", der 1988 auch bei uns sehr erfolgreich im Kino lief, löste einen regelrechten Boom aus - die Tanzschulen wurden gestürmt, alle wollten Salsa lernen. Innerhalb kürzester Zeit wurden in Nebenräumen kleiner Lokale an Samstagen erste Fiestas abhalten.

Da der Erfolg anhielt und die Nachfrage nach Salsa-Tanzmöglichkeiten stieg, entstanden bald "echte" Salsa Locations wie das "Floridita" oder das "El Dorado" in der City - die Clubs bieten bei freiem Eintritt oft sogar Live Musik.

Man bildet sich in Workshops weiter, besucht internationale Salsa-Kongresse, tritt bei Festivals auf und nimmt an Wettbewerben teil. Man kennt einander. Mittlerweile gibt es österreichweite Salsa-Tanzpartnerbörsen, After Work Salsa (auch rauchfrei!), Salsa Diskussionsforen, Latino Bälle und sogar Salsa Kurse auf Volkshochschulen.

Salsa, die spezielle Mischung
Der Ausdruck Salsa kommt vom spanischen Wort für Soße - und auch der Tanz ist eine bunte Mischung afrokaribischer und europäischer Stile. Französische und spanische Kolonialherren brachten die Tänze ihrer Heimat in die Karibik mit, wo sie sich mit afrikanischen Trommel- und Tanztraditionen der Sklaven vermischten. International bedeutend wurde die Salsa Mitte des 20. Jahrhunderts, ausgehend von den Lateinamerikanern in New York.


Generell ist die Salsa ein Paartanz ohne feste Choreografie. Schritte, Drehfiguren und Sprünge werden - nach Geschmack und Fähigkeiten - frei nach der Musik kombiniert. Je nach Region sind die Tanzstile aber unterschiedlich. So tanzt man beispielsweise in Kuba hüftbetonter und in Kolumbien mit mehr Fußtechnik.

Eine ganz spezielle - in Wiener Clubs sehr gern getanzte - Form der Salsa Cubana - ist die sogenannte "Rueda de Casino". Für die gibt es allerdings ganz spezielle Tanzfiguren. Die Tanzpaare tanzen synchron im Kreis - einer der Tänzer, der sogenannte "Cantante", der Rufer, sagt die Figuren an. Wenn er "ruft", tauschen die Paare die Partner oder tanzen eine ganz spezielle Choreographie. Dabei ist natürlich Synchronität gefragt - beim großen "Fresa Loca" Festival in Wiesen im letzten Sommer haben 155 Salsatanzpaare die größte Rueda de Casino Österreichs getanzt - sie mussten wegen Platzmangels auf der Bühne in fünf!!! konzentrischen Kreisen tanzen.
Machos erwünscht

"Das Geheimnis der Salsa Cubana ist das archaische Machotum, das bis in die Ursprünge des Tanzes grundlegend ist: Der Mann führt, die Frau lässt sich führen, animiert den Mann," sagt Georg Kalandra, Dance Instructor der Salsa-Show-Tanzgruppe "Rueda de Fuego" im "El Dorado", "die Frau lädt den Mann ein, ihm kommt die Rolle des höflichen Machos zu." Klingt nicht danach, als würden moderne Großstadt-Frauen das gut finden.

Doch die Statistik spricht eine andere Sprache: Mindestens 65 Prozent der Wiener Salsa-Schüler(innen) sind Frauen. Der südliche Tanz vermittelt positives Lebensgefühl und Ferien-Feeling. Viele verbrennen außerdem 360 Kilokalorien pro Stunde lieber im Tanzclub als im Fitnesstudio. Beim schweißtreibenden Salsatanzen kann man zusätzlich Gefühle ausleben. "Dabei verstehen die meisten Österreicher die Texte gar nicht, die sie tanzen", sagt Hernán Toledo. "90 Prozent der Salsa-Songs haben einen tragischen, traurigen Inhalt, auch wenn der Refrain oft lebenslustig klingt. Wenn man den Text versteht, tanzt man das Lied anders." Toledo hat für die vom ORF coproduzierte Verfilmung von Henning Mankells "Die Rückkehr des Tanzlehrers" mit Tobias Moretti in der Hauptrolle, die Musik geschrieben.

Salsa goes Ballroom
"Salsa can take over your life like a drug!" sagt Sergio Santana in seinem Buch "Que es la Salsa?" und beim Lokalaugenschein in den Wiener Clubs bestätigt sich: Wer einmal mit dem Salsatanzen begonnen hat, hört so schnell nicht mehr auf, auch wenn sich die Szene weiterentwickelt.

"Die zu Beginn der Salsa-Welle sehr schicke "Salsa romantica" ist progressiver geworden," sagt Choreograph Toledo. "Es werden heute mehr Jazz Elemente getanzt und auch mehr Ballroom - eine sehr elegante Variante des Salsa, der New York Style." Auch wenn es in den Salsa Clublokalen eindeutig weniger steif zugeht, als am herkömmlichen Tanzparkett, mittlerweile wird die Salsa sogar "salonfähig". Nicht nur, dass immer öfter Gruppen wie "Rueda de Fuego" als Showact für Mitternachtseinlagen gebucht werden, auf dem als "UNO Ball" bekannten Ball der International Atomic Energy Agency am 4. Februar in der Unocity ist ein ganzer Saal reserviert - nur für Salsatänzer.

Veranstaltungs-Tipp
Matinée, Hernán Toledo, Musik - Tanz - Gesang - Poesie, Sonntag, 25. Jänner 2009, 14:30 Uhr, Porgy & Bess, 1010 Wien, Riemergasse 11

Links
Vida Latin Art Tanzstudio
Club Eldorado
Rueda de Fuego
Salsa in Österreich