Nur ein Spiel? - Teil 2
Mobbing
Lehrer müssen vor allem im sozialen und im psychologischen Bereich Aufgaben meistern, für die sie nicht ausgebildet sind. Verschließen sie sich aber gegenüber dem, was in den Klassen passiert, begünstigen sie Mobbing unter Schülern.
8. April 2017, 21:58
Mobbing ist kein Kinderspiel: Mobbing ist die systematische Attacke einer Gruppe gegen einen Einzelnen. Untersuchungen von Peter K. Smith von der University of London und dem Norwegischen Forscher Dan Olweus zeigen, dass Mobbingopfer ihr Leben lang unter den Folgen leiden. Wird seitens der Schule nicht reagiert, werden Mobbingtäter hingegen in ihrem antisozialen Verhalten bestärkt und gefördert.
Gibt es so genannte Täterprofile?
"Es gibt Sozialisationsprofile. Kinder, die mobben, lernen zu Hause, dass sie sich um jeden Preis durchsetzen müssen: auch auf Kosten der anderen. Hier müssen die Lehrer regulierend eingreifen", meint Mechthild Schäfer, Psychologin an der Universität München.
Mobbingtäter treten aber oft nicht direkt in Erscheinung. Sie instrumentalisieren Kollegen für ihre Ziele. Diese "kleinen Machiavellis" beherrschen soziale Spielregeln und benutzen sie in ihrem Sinne.
Der Umgang mit Tätern und Opfern
Werden die Vorgänge in einer Klasse transparent, und sind die Täter identifiziert, gibt es Erfahrungswerte, wie die Gespräche mit den Tätern geführt werden sollen. Diese werden vorerst alles abstreiten und bemüht sein, das Opfer zu beschuldigen.
Der norwegische Mobbingforscher Erling Roland hat darum Richtlinien publiziert, die Lehrer im Umgang mit Tätern und Opfern unterstützen sollen. Hier ein Auszug:
Sprechen Sie sehr klar und konkret. Geben Sie dabei dem Täter, der Täterin das Gefühl, dass Sie ihn /sie wertschätzen, aber dennoch das Verhalten missbilligen. (...) Lassen Sie sich im Gespräch auf keine Diskussionen ein. Lassen Sie aber zu, dass der Betroffene sich einbringt und die eigene Sichtweise ausdrückt. In aller Regel werden verschiedene Einwände kommen, mit denen versucht wird, die eigene Beteiligung herunterzuspielen, schlecht über das Opfer zu sprechen, etcetera. Was immer ein Täter, eine Täterin in dieser Richtung äußert, es sollte Sie ungerührt lassen. Das heißt: Sie registrieren die Einwände, gehen aber nicht auf sie ein. Für den Täter bedeutet dieser Entzug von Bestätigung eine massive Verunsicherung.
Anzeichen von Mobbing
Kinder, die gemobbt werden, erzählen selten, was in der Schule passiert. Der Mobbing-Täter zielt darauf ab, das ausgewählte Opfer bloßzustellen und zu demütigen. Dies geschieht mit Unterstützung der ganzen Klasse. Ein Mobbingopfer fühlt sich allein gelassen und schuldig, denn es ist die Mehrheit, die sagt, was an ihm oder ihr alles falsch ist.
Selten reagieren Mobbing-Opfer aggressiv, in der Regel richten sie die Aggressionen, die durch die fortwährenden Demütigungen entstehen, gegen sich selbst. Dass ein Kind Opfer von Mobbing-Attacken wird, können Eltern daran feststellen, dass ihr Kind immer öfter der Schule fern bleiben will. Schlaf- und Essstörungen sind mögliche Folgen, sowie ein unerklärlicher Abfall schulischer Leistungen.
Mobbing mit moderner Technologie
Mobbing in Schulklassen bedient sich aber auch der modernen Kommunikationstechnologien. Cyber-Bulling ist das Stichwort, das auch schon die Polizei beschäftigt.
"Die Kinder geben in Jugendplattformen wie Myspace oder Myfriends alles preis. Kommt es zum Streit unter Freunden, wird dieses Material oft missbräuchlich verwende", berichtet Michael Sonvilla vom Landeskriminalamt Wien, Abteilung Jugendgewaltprävention. Daten, Fakten und Bilder, die im Internet veröffentlicht sind, lassen sich nur schwer wieder entfernen. Auch Handys können zum Instrument der Gewalt werden. Wenn gewalttätige Übergriffe fotografiert oder gefilmt und an Freunde und Kollegen verschickt werden.
Um dem Missbrauch der neuen Technologien einen Riegel vorzuschieben, wurde ein EU-Projekt ins Leben gerufen, das die Wissenschaftler zum Thema Cyber–Bulling europaweit vernetzt.
Gesucht wird auch die Kooperation mit den Mobilfunkunternehmen und mit der Politik, denn das Ziel ist es, Richtlinien zu erarbeiten, die für Politik, Wirtschaft und Kunden verbindlich sind.
Mehr zum Thema in oe1.ORF.at
Rollenspiele
Mobbing und Gewalt unter Jugendlichen
Hör-Tipp
Radiokolleg, Montag, 30. März bis Donnerstag, 2. April 2009, 9:05 Uhr
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