Wie sieht die Zukunft der Ökonomie aus?
Leben ohne Lohn
Infolge der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise steigt die Arbeitslosigkeit rasant an. Nicht nur die Arbeitsmarktpolitik ist gefordert. Es stellt sich die Frage, welche Alternativen es zur neoliberalen Form des Wirtschaftens geben könnte.
8. April 2017, 21:58
Infolge der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise steigt die Arbeitslosigkeit rasant an. Doch bereits vor dieser Krise hatte sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt seit 2001 Jahr für Jahr verschlechtert, sagt Markus Marterbauer, Wirtschaftsforscher und Konjunkturexperte am Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) in Wien.
Immer deutlicher geworden ist in den vergangenen zehn Jahren auch die Ungleichheit in der Verteilung der Einkommen. Das untere Drittel steht heute deutlich schlechter da als vor einem Jahrzehnt, und auch Bezieher mittlerer Einkommen verfügen über ein reales Nettogehalt, das niedriger ist als vor zehn Jahren. Ein Grund für das Auseinanderklaffen der Einkommensschere ist die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes.
Reform der Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik gefragt
Nikolaus Dimmel, Professor am Institut für Sozial- und Wirtschaftswissenschaften der Universität Salzburg, spricht von einem Versagen der Arbeitsmarktpolitik. Zum einen habe die Politik zugelassen, dass immer mehr Arbeitsplätze wegrationalisiert werden, zum anderen seien anstelle von sicheren Arbeitsplätzen immer mehr prekäre Jobs geschaffen worden, die ein großes Verarmungsrisiko in sich bergen.
Nach Angaben der Armutskonferenz ist rund die Hälfte der Armen in Österreich erwerbslos, die anderen haben zwar Jobs, doch ihr Einkommen ist so gering, dass auch sie unter die Armutsgrenze rutschen. Sozialwissenschaftler wie Nikolaus Dimmel von der Universität Salzburg fordern daher eine grundlegende Neugestaltung der Arbeitsmarktpolitik, die auf seriöse Art und Weise sowohl das Problem der steigenden Arbeitslosigkeit angeht als auch das der fortschreitenden Präkarisierung.
Eine Reform der Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik müsste demnach grundlegende systemische Fragen stellen. Vieles, was in den vergangenen Jahrzehnten als fast schon unwidersprochener Teil der Marktlogik und Globalisierung hingenommen wurde, müsse hinterfragt werden.
Die solidarische Ökonomie
In Ländern wie Brasilien und Venezuela ist inzwischen eine verstärkte Hinwendung zu einer solidarischen Ökonomie im Gange. Unter dem Begriff der solidarischen Ökonomie werden unterschiedliche Methoden des Wirtschaftens zusammengefasst, die sich an sozialen, demokratischen oder ökologischen Zielsetzungen orientieren.
Die solidarische Ökonomie beruht auf gegenseitiger Unterstützung und stellt menschliche Bedürfnisse in den Mittelpunkt. Es gilt: Die Ökonomie habe für den Menschen da zu sein, nicht der Mensch für die Ökonomie. Auch in Europa wächst das Interesse an dieser Form des Wirtschaftens, wie die wachsende Zahl von Kongressen zu diesem Thema belegt.
Das baskische Unternehmen Mondragon, ein Netzwerk aus Genossenschaften mit mehr als 100.000 Beschäftigten, belegt, dass es selbst in Krisenzeiten Alternativen zur Entlassung von Arbeitern und Arbeiterinnen gibt.
Hör-Tipp
Radiokolleg, Montag, 27. April bis Donnerstag, 30. April 2009, 9:05 Uhr
Mehr dazu in oe1.ORF.at
Buch-Tipps
Markus Marterbauer, "Wem gehört der Wohlstand? Perspektiven für eine neue österreichische Wirtschaftspolitik", Zsolnay 2007
Elmar Altvater, Nicola Sekler, "Solidarische Ökonomie: Reader des Wissenschaftlichen Beirats von Attac",Vsa 2006
Links
Verein Arbeitslose helfen Arbeitslosen
Armutskonferenz
Solidarische Ökonomie