Geiger und Dirigent

"Ur-wienerische Herzensgrüße"

"Willi Boskovsky ist mit bestem Gelingen Leiter und Geiger in Personalunion, Vorgeiger und Dirigent zugleich", schrieb Hans Weigl über den 1909 in Wien geborenen Musiker, der 25 Jahre lang das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker geleitet hat.

"Willi Boskovsky ist mit bestem Gelingen Leiter und Geiger in Personalunion, Vorgeiger und Dirigent zugleich", so schrieb Hans Weigl über den 1909 in Wien geborenen Musiker, der 25 Jahre lang das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker geleitet hat.

Was sich letztendlich als Glücksfall erweisen sollte, war anfänglich keineswegs unumstritten: Auf den berühmten Dirigenten Clemens Krauss folgte nach dessen Tod mit Willi Boskovsky ein Musiker aus den Reihen des Orchesters, anerkannt zwar als Sologeiger unter Bruno Walter, Furtwängler und Knappertsbusch und begehrt als Kammermusiker in philharmonischen Kleinformationen. Doch würde er auch als Dirigent reüssieren können? Er konnte – und zwar glänzend!

Boskovskys Musizierverständnis

Es spielte dabei nicht nur eine Rolle, dass Boskovsky während seiner Ausbildungsjahre im Johann-Strauß-Orchester gespielt hatte, somit mit dem Strauß-Repertoire vertraut war, es war auch seine Grundeinstellung ausschlaggebend: Selbst als Instrumentalsolist lag es ihm nie am virtuosen Effekt, Musizieren war für ihn stets "ein Gespräch unter Gleichgesinnten".

Mit 17 Jahren hatte der in Wien Geborene schon den Kreisler-Wettbewerb gewonnen, war 1932 Mitglied der Wiener Philharmoniker geworden und führte von 1939 bis 1971 das Orchester als Konzertmeister an. Mit Wolfgang Schneiderhan und Walter Barylli bildete er – nach der Meinung des philharmonischen Chronisten Otto Strasser – ein nie mehr übertroffenes Konzertmeistertrio.

Eurovisionsereignis

Boskovsky steht für beste Tradition, aber auch für den Aufbruch des Neujahrskonzerts in das Medienzeitalter: Seit 1959 wurde das Konzert im Fernsehen übertragen, und noch unter seiner Leitung ist es zum Eurovisionsereignis geworden.

Selbst als Willi Boskovsky nach seiner krankheitsbedingten Absage 1980 (auf den dirigierenden Geiger folgte der geigende Dirigent Lorin Maazel) nie mehr an das Pult der Philharmoniker zurückkehrte, war er längst als Spezialist der Wiener Musik, als Botschafter des spezifisch Wienerischen international bekannt. Von verschiedensten Orchestern in aller Welt wurde er bis zu seinem Tod 1991 eingeladen, wienerische Konzertprogramme zu dirigieren.

Preisgekrönte Aufnahmen
Eindrucksvoll ist die lange Liste der teils preisgekrönten Aufnahmen von Werken aus dem "Wiener Jahrhundert des Walzers", die unter seiner Leitung entstanden sind; bis heute gelten seine Einspielungen von Operetten und der Tänze von Lanner bis Lehár zu den "ur-musikalischen und ur-wienerischen Herzensgrüßen eines echten Musikers" (Bruno Walter in einem Brief an Boskovsky).

Hör-Tipp
Apropos Operette, Donnerstag, 11. Juni 2009, 15:06 Uhr