Malen bloß zum Trotz
Rudolf Kortokraks
Als "Assistent" von Oskar Kokoschka in der "Schule des Sehens" in Salzburg, als "später Expressionist", als "lyrischer Künstler mit einer sehr eigenständigen Handschrift" wird der Maler Rudolf Kortokraks von Kritikern gewürdigt.
8. April 2017, 21:58
Einer Ausstellung seiner Werke zum 80. Geburtstag gab Rudolf Kortokraks den Titel: "Bilder, trotzdem gemalt." Zur Ausstellung war zu lesen: "In diesem 'Trotzdem' steckt das stachelige Wörtchen "Trotz" drinnen, das auch ein Lebens- und Kunstmotto des Malers ist.
Trotz allem hat Kortokraks lebenslang angemalt und angezeichnet gegen alles, was stilistisch angesagt war und ist und - er tut es auch heute noch mit einem gewissen Ingrimm. Bemerkenswerter Weise auch im Pastell, diesem bevorzugten Farbmedium des poetischen 18. Jahrhunderts. Wer malt heute noch Blumenstilleben, Landschaften, Städte und Gesichter und noch dazu in vergänglichem zauberhaften Farbstaub? Bilder, trotzdem gemalt.
"Es gibt Leute, die sagen, der spinnt"
Im Gasthaus Maria Plain, hoch über Salzburg, in jenem Gasthaus, in dem der Maler seit vielen Jahren ein Zuhause gefunden hat, hängen viele seiner Bilder an den Wänden: leuchtende Blumen und Landschaften. Der inzwischen verstorbene Wirt Franz Moßhammer war ein großer Kunstliebhaber und hat den - meist unter Geldnot leidenden - Maler bei sich aufgenommen.
"Ich hoffe, man hat Sie ausreichend vor mir gewarnt", sagt Rudolf Kortokraks gleich zu Beginn des Gesprächs, "Es gibt auch Leute, die mich nicht leiden können, die sagen: der spinnt, der ist verrückt, der ist völlig geisteskrank." Selbstkritisch und kritisch anderen gegenüber, so sei er nun mal, sagt Rudolf Kortokraks, und er fügt gleich hinzu: "Wenn mir dieses 'Menschenbild' nicht gefällt, werde ich Sie zum Duell auffordern!"
Das Augenzwinkern ist nicht zu übersehen, wie überhaupt- bei aller Strenge und Genauigkeit im Blick auf die Kunst - der Humor nicht zu kurz kommt. Wobei - Konzentration ist angesagt, auch bei den Fragen. Allein bei der Frage nach den Blumenmotiven, die oft in seinem Werk anzutreffen seien, heben sich die Augenbrauen des Malers deutlich. Hat man da tatsächlich von Motiven gesprochen? "Ich brauche Motivation- und keine Motive", sagt Kortokraks.
Neben Landschaften und Blumen sind im Werk von Rudolf Kortokraks viele Porträts zu entdecken. Wobei - beim Wort "Porträt" regt sich beim Künstler schon wieder leichter, freundlicher Widerstand. Er habe Respekt vor Menschen, was er malt, seien "Menschenbilder", betont er.
Flugblätter unterm Mantel
1928 wird Rudolf Kortokraks in Ludwigshafen in Deutschland geboren. Die Eltern - der Vater ein Arbeiter, die Mutter Verkäuferin - sind überzeugte Kommunisten. Rudolf Kortokraks erinnert sich: "Hausdurchsuchungen gehörten zu den Alltäglichkeiten meiner frühen Kindheit. Recht klar sehe ich noch vor mir - ich war vier Jahre alt - dass ein gar nicht so unfreundlicher Schutzmann das gerahmte Lenin-Bild vom 'Herrgottswinkel' unserer bolschewistischen Dachstube nahm, das Glas zerbrach, das Foto konfiszierte und dann treudeutsch auf einem Quittungsblock anwies, die Kosten für das zerbrochene Glas zu ersetzen."
Nach Ausbruch des Dritten Reiches wurden keine Glasscheiben mehr von der Republik ersetzt, erzählt Rudolf Kortokraks. Der Vater muss für eine Weile untertauchen, die Mutter geht mit dem Jungen an der Hand kilometerweit zu Veranstaltungen, unter ihrem Mantel sind vier Kilo Flugblätter versteckt. "In jener Zeit wurde ich von uniformierten Männern oft gefragt, was meine Eltern in der Nacht zuvor getan hatten", erinnert sich Rudolf Kortokraks. "Verraten habe ich meine Eltern nie. Ich mochte meine Verhörer nicht."
Nicht sein Leben lang ein Schüler
Rudolf Kortokraks hat in Frankreich, in Paris gelebt, er hat in Italien gelebt und gearbeitet, er hat in der Nähe von Rom eine eigene "Schule des Sehens" geleitet, er war in England zu Hause, hat dort in einigen Kunstschulen unterrichtet, er war zu Gast in der Künstlerkolonie Worpswede, er war zweimal verheiratet, zwei Töchter und ein Sohn wurden geboren. Ein bewegtes Leben.
1954 kam er erstmals nach Salzburg, er wurde bald Oskar Kokoschkas Assistent an der "Schule des Sehens" im Rahmen der Internationalen Sommerakademie für Bildende Kunst, später wurde er als Lehrer gar Leiter des Seminars "Schule des Sehens" in Salzburg. Mit Salzburg ist er seit jener Zeit eng verbunden.
Was ihn jedoch stört, ist, wenn er ständig als Schüler Kokoschkas gesehen wird und nicht als eigenständiger Künstler. "Auf Rudolf Kortokraks wird in Salzburg immer ein bisschen von oben herab gesehen, weil es einen überdimensionalen Schattenwerfer mit den Initialen OK am Sockel gibt", notierte ein Kritiker zu einer Ausstellung von Rudolf Kortokraks. "Auch wenn man jemandes Werk sehr schätzt - man ist nicht sein Leben lang ein Schüler", ärgert sich Kortokraks, "und es gibt mindestens zehn Maler, dessen Werk ich sehr schätze."
Einfach noch nicht tot genug?
Woran es ihm als Künstler jedoch mangle, sei das Talent fürs Geschäftliche, sagt er selbst. Es fehle ihm an "Selbstwert" um sich gut zu verkaufen, aber ohne den Verkauf seiner Bilder gäbe es kein Überleben. Um finanzielle Absicherung habe er sich nie wirklich gekümmert.
Über den Sommer muss sich Kortokraks jetzt ein Ausweichquartier suchen, denn da brauche das Wirtshaus sein Zimmer für zahlende Gäste. Natürlich, Ausstellungen wären hilfreich, damit seine Bilder auch gesehen werden, vielleicht auch von Sammlern oder Sammlerinnen, die um den Wert seiner Bilder wissen. "Meine Bilder werden kaum ausgestellt oder verkauft", sagt Kortokraks, "ich bin einfach noch nicht tot genug. Diesen Zustand aufrecht zu erhalten, bemühe ich mich."
Hör-Tipp
Menschenbilder, Sonntag, 28. Juni 2009, 14:05 Uhr
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