Budget in der Krise
Sind Defizite schädlich?
Ist es angebracht, die Wirtschaft in der Krise um jeden Preis anzukurbeln? Oder müssen die Staaten auch in Krisenzeiten auf ihre Budgets achten? Wirtschaftsforscher diskutieren über die Entwicklung der Budgetdefizite in Zeiten der Krise.
8. April 2017, 21:58
In der aktuellen Weltwirtschaftskrise wird anders reagiert, als in den 1930er Jahren. Banken werden vor dem Zusammenbruch gerettet. In der Weltwirtschaftskrise vor 80 Jahren ließ man Banken krachen. Das hatte den Zusammenbruch des gesamten Wirtschaftssystems zur Folge. Heute werden auf der ganzen Welt Konjunkturpakete geschnürt, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln, wie es so schön heißt. Diese zusätzlichen Staatsausgaben vergrößern aber das Budgetdefizit.
Ist ein Defizit per se schlecht?
Jeder Mensch weiß, dass ein Minus am Konto viel Geld kostet, da man hohe Zinsen dafür bezahlen muss. Auch Unternehmen haben ein Problem, wenn sie hohe Schulden haben. Wie aber wie ist das beim Staat? Ist ein Budgetdefizit für einen Staat ebenso ein Problem wie rote Zahlen für ein Unternehmen oder Schulden für einzelne Menschen?
Adam Smith, der Vater der klassischen Volkswirtschaftslehre, schrieb: "Dort wo die öffentliche Schuld einmal eine bestimmte Höhe überschritten hat, ist es meines Wissens kaum gelungen, sie auf gerechte Weise und vollständig zurückzuzahlen. Sofern es überhaupt gelang, die Staatsfinanzen wieder einigermaßen in Ordnung zu bringen, bediente man sich dazu des Bankrotts."
Carl Dietzel, ein deutscher Nationalökonom, meinte hingegen: "Der Staatskredit gehört zu den segensreichsten Instituten der neuen Staatenentwicklung, er ist der großartigste Hebel des mächtigen volkswirtschaftlichen Fortschritts und damit (...) der archimedische Standpunkt, der die Welt aus ihren Angeln hebt".
Wie viel Minus darf sein?
Bernhard Felderer, Leiter des Instituts für Höhere Studien, und Markus Marterbauer, Ökonom am Wirtschaftsforschungsinstitut, halten beide ein Budgetdefizit für vertretbar, solange das Geld für sinnvolle Investitionen verwendet wird. Für Forschung, Bildung, Infrastruktur und Gesundheit darf das Staatsbudget überzogen werden. Das seien schließlich Investitionen in die Zukunft, von denen spätere Generationen profitieren. Wie stark der Staatshaushalt aufgrund der Wirtschaftskrise belastet werden darf, darüber stimmen die beiden Ökonomen jedoch nicht überein.
Irgendwann muss es wieder kleiner werden
Klar ist für alle Experten, dass das Budgetdefizit in guten Zeiten kleiner werden muss. Uneinigkeit besteht darüber, wann und wie das Budgetdefizit wieder abgebaut werden soll. Bernhard Felderer, meint, dass ab dem Jahr 2011 eine Senkung der Staatsausgaben nötig sein wird, um das Defizit möglichst rasch wieder zu reduzieren. Markus Marterbauer hält eine Budgetkonsolidierung in zwei Jahren für verfrüht und denkt eher daran, durch Steuereinnahmen, etwa eine Vermögenssteuer, zu sanieren.
Hör-Tipp
Saldo, Freitag, 3. Juli 2009, 9:45 Uhr
Buch-Tipps
Bernhard Felderer und Stefan Homburg, "Makroökonomik und neue Makroökonomik", Springer (2005)
Markus Marterbauer, "Wem gehört der Wohlstand? Perspektiven für eine neue österreichische Wirtschaftspolitik", Zsolnay (2007)
Links
Institut für Höhere Studien
Österreichisches Wirtschaftsforschungsinstitut