Nie ist man alleine!

Die Gosse und das Grab

Ed McBain, der eigentlich Salvatore Lombino hieß, war einer der Großen des Krimi-Genres. Mit dem jetzt neu aufgelegten "Die Gosse und das Grab" hat er einen flotten Großstadtkrimi mit Schauplatz New York City verfasst. Beste Strandlektüre!

Ein großer Name der jüngeren Kriminalliteratur, jedoch ein Künstlername. Denn eigentlich hieß Ed McBain, geboren 1926 in New York, gestorben 2005 in Weston, Connecticut, Salvatore Lombino. Seine Krimis hat er unter einer Handvoll verschiedener Pseudonyme geschrieben. Das erste lautete Evan Hunter, und von Hunter stammt auch "Die Saat der Gewalt", ein frühes Schuldrama, verfilmt 1955 unter anderem mit Glenn Ford und Sidney Poitier. Für Alfred Hitchcock hat der nämliche Evan Hunter ein Drehbuch verfasst. Titel des 1963 entstandenen Films: "Die Vögel".

Immer Gleiches am immer gleichen Ort

Zu einer unbestrittenen Größe der US-amerikanischen und der internationalen Kriminalliteratur ist Salvatore Lombino aber erst mit seinem Pseudonym Ed McBain geworden. Als solcher hat er an die 50 Krimis geschrieben: das immer gleiche Personal, zusammengefasst am immer gleichen Ort. Dem 87. Polizeirevier irgendwo in den USA.

"Die hier geschilderte Stadt", so hieß es in der immer gleichen Vorbemerkung zu den Büchern, "existiert nicht. Die Personen und Schauplätze sind frei erfunden. Die Darstellung der Polizeiarbeit allerdings basiert auf authentischen Ermittlungsmethoden".

McBain war es mit dieser Reihe gelungen, ein oft nur noch bespötteltes und in die Tiefen des Trivialen abgesacktes Subgenre der Kriminalliteratur kräftig und überzeugend wiederzubeleben: den Polizeiroman.

Und wieder ein Alias

"Die Gosse und das Grab", der Krimi, um den es hier geht, ist kein Polizeiroman. Er stammt auch nicht wirklich von Ed McBain, sondern von einem anderen Alias des Salvatore Lombino. Diesmal ist es Curt Cannon und das amerikanische Original ist im Jahre 1958 erschienen. Der Rotbuch-Verlag hat für seine neue "hard case crime"-Serie aus kommerziell vielleicht verständlichen Gründen den Namen McBain gewählt und auf den Buchumschlag auch noch den Hinweis auf Hitchcocks Film "Die Vögel" gesetzt. Das alles vor dem Hintergrund einer bewusst trashigen Grafik mit einem Humphrey-Bogart-Vorschnitt im Vordergrund und einer kessen Blondine dahinter.

Ja, die Zeiten sind hart, und im Verlagsgeschäft muss man offenbar schon sehr dick auftragen, um seine Ware an den Mann oder die Frau zu bringen. Aber für all das kann Ed McBain - und bleiben wir jetzt auch bei diesem Namen - nichts.

Wie immer geht's ums Geld

"Die Gosse und das Grab" ist ein sehr gut geschriebener, flotter Großstadtkrimi mit Schauplatz New York City. Der sogenannte Held ist ein völlig heruntergekommener Ex-Privatdetektiv, der vor Jahren den Liebhaber seiner Frau umgebracht hat, und nun als trunksüchtiger Penner auf den Parkbänken New Yorks herumlungert. Aber nicht einmal dort, in der allergrößten Öffentlichkeit, ist man wirklich alleine, und daher findet ihn auch ein Jugendfreund, der gerade dieses Wrack um seine Hilfe bittet.

Das ist der Beginn, und was dann folgt sind zwei Morde, ein Haufen Schlägereien in Bars und Treppenhäusern, Liebschaften, und wie immer geht's am Ende ums Geld.

Eines darf noch verraten werden: Am Schluss sitzt der Held wieder auf derselben Parkbank mit einer Flasche Whiskey in der Hand.

Eine gehörige Portion Sarkasmus

"Die Gosse und das Grab" ist mit Sicherheit nicht der beste Ed-McBain-Krimi. Trotzdem ist die Wiederveröffentlichung nach gut 40 Jahren zu Recht erfolgt. Es handelt sich um einen "private eye"- Roman der Marke Chandler und Hammett, vielleicht etwas einfach gestrickt, psychologisch aber durchaus überzeugend, und vor allem gut erzählt und mit einer gehörigen Portion Sarkasmus versehen.

Fazit: Kleines Taschenbuchformat, gut 200 Seiten, beste Strandlektüre und ein passabler Einstieg in die Krimiwelt des Ed McBain.

Hör-Tipp
Ex libris, jeden Sonntag, 18:15 Uhr

Buch-Tipp
Ed McBain, "Die Gosse und das Grab", aus dem Amerikanischen übersetzt von Andreas C. Knigge, Rotbuch Verlag

Link
Rotbuch Verlag - Die Gosse und das Grab