Glück zum Selbermachen
Glücksforschung
Glücksgefühlen und körperliche Abläufe können einander positiv beeinflussen. Wie sich die Zusammenhänge von Glück und Gesundheit im Alltag anwenden lassen, zeigen die Disziplinen Glücksforschung, psychosomatische Medizin und Positive Psychologie.
8. April 2017, 21:58
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Glück ist ein Gefühl, allerdings eines, das mit bestimmten Vorgängen im Körper, vor allem im Gehirn einhergeht. Ob wir glücklich oder unglücklich sind, ist vor allem von vier Botenstoffen abhängig, die im Gehirn vorkommen. Diese Botenstoffe (Neurotransmitter) sind Dopamin, Noradrenalin, Serotonin und die Endorphine.
Ohne sie ist eine Signalübertragung im Gehirn nicht möglich und deshalb entscheidet ihre Konzentration und Zusammensetzung über die Abläufe in unserem Gehirn und auch über die Gefühle, die damit verbunden sind.
Massive Störungen dieser Neurotransmitter können zu psychischen Erkrankungen wie etwa Depressionen führen. Diese chemischen Vorgänge lassen sich auch pharmazeutisch beeinflussen, etwa durch Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer - diese Substanzen sind in Antidepressiva enthalten.
Zusätzlich sind auch noch hormonelle Vorgänge für das Glücksgefühl von großer Bedeutung. So ist das männliche Sexualhormon Testosteron für das sexuelle Lustempfinden wichtig und Oxytocin - auch als das "Bindungshormon" bezeichnet - ist für die Empfindungen im Rahmen intensiver sozialer Kontakte, zum Beispiel in Beziehungen, entscheidend.
Glückszustände können gemessen werden
Mittels bildgebender Diagnoseverfahren bzw. Elektroenzephalogrammen (EEG) ist es möglich, die Durchblutung von Hirnarealen zu messen. In diesem Zusammenhang wurden auch positive Emotionen und Glücksgefühle erforscht. Eine höhere Aktivität des linken präfrontalen Cortex korreliert demnach stark mit einer offenen, neugierigen Haltung gegenüber Reizen, während eine höhere Aktivität des rechten präfrontalen Cortex mit einer eher ängstlichen Rückzugshaltung verbunden ist. In weiteren Experimenten konnte gezeigt werden, dass eine Verbindung zwischen Hirnaktivität und persönlicher Einschätzung des Glückserlebens besteht: Stärkere Aktivität des linken präfrontalen Cortex führt zu deutlich erhöhter subjektiver Zufriedenheit.
Glück entsteht also im Gehirn oder genauer gesagt im limbischen System, das man auch das "emotionale Gehirn" nennt.
Glück beeinflusst den ganzen Körper
In den letzten Jahren konnte in zahlreichen wissenschaftlichen Untersuchungen gezeigt werden, dass das Erleben von Glücksgefühlen und Fröhlichkeit viele körperliche Abläufe positiv beeinflusst. So haben etwa gut gelaunte Menschen besonders niedrige Spiegel von Stresshormonen und bestimmten Gerinnungsfaktoren im Blut und damit ein geringeres Risiko für verschiedene Erkrankungen, etwa des Herz-Kreislaufsystems. Aber auch Blutdruck, Atmung oder Verdauungsaktivität werden vom subjektiven Glücksempfinden mitbestimmt.
Mithilfe des Biofeedbacks lassen sich körperliche Reaktionen auf positive bzw. negative Gedanken in Echtzeit darstellen, etwa auf einem Computerbildschirm. Gedanken an den letzten erfüllten Urlaub schlagen sich unmittelbar in positiven Werten von Pulsfrequenz, Blutdruck, Hautwiderstand, Atemfrequenz oder Muskelspannung nieder. Gedanken an Konfliktsituationen etwa am Arbeitsplatz haben den gegenteiligen, also einen negativen Effekt.
Psychosomatik - die Emotionen im Blick
Die wissenschaftliche Disziplin, die sich mit den unmittelbaren Zusammenhängen zwischen (Glücks-)Gefühlen und Einstellungen auf der einen Seite und körperlichen Vorgängen bis hin zu Krankheiten auf der anderen Seite beschäftigt, heißt Psychosomatik und hat in den letzen Jahren stetig an medizinischer Bedeutung gewonnen.
Eine ganze Reihe von körperlichen Leiden steht demnach in engem Zusammenhang mit psychischen Faktoren und kann deshalb auch über den "Umweg" der Psyche erfolgreich behandelt werden. Dazu gehören vor allem Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparates wie etwa Rückenschmerzen, Nackenschmerzen oder Gelenksbeschwerden, aber auch organische Leiden wie Blasenstörungen, Sexualstörungen oder Herz-Kreislauferkrankungen.
Im Prinzip kann jedes Krankheitsbild einen mehr oder minder deutlichen Zusammenhang mit der Psyche und damit auch mit dem individuellen Glücksempfinden haben.
Voraussetzungen für Glück und unterschiedliche Einflussfaktoren
Die individuelle Glücksfähigkeit hat einerseits genetische Voraussetzungen und solche, die in der Biografie liegen, etwa in der frühen Kindheit oder dem Elternhaus. Verschiedenste Studien im Bereich der Glücksforschung haben in den letzten Jahren aber auch gezeigt, dass Glück von vielen verschiedenen Faktoren abhängig ist. Materielle Voraussetzungen spielen dabei nur eine sehr begrenzte Rolle. Während echte Not sehr wohl ein Glückshindernis darstellt, führen große materielle Ressourcen keineswegs zu einem deutlich erhöhten Glücksempfinden. Wesentlich wichtiger sind erfüllte soziale Beziehungen, Zufriedenheit mit der Lebens- und Arbeitssituation und Elemente des Lebensstils. Menschen in erfüllten Arbeitssituationen und Partnerschaften sowie dichten sozialen Netzen sind tendenziell glücklicher, genauso wie Menschen, die viel Bewegung machen und ausgewogene Ernährung bevorzugen.
Altruistische Handlungen können über den Umweg der Spiegelneuronen ebenfalls zu Glücksempfinden führen. Wenn wir Gutes tun, werden wir dafür mit Glücksgefühlen belohnt.
Trainierbarkeit und Erlernbarkeit von Glück
Die so genannte "Positive Psychologie" geht davon aus, dass Glück ein Zustand ist, der auch durch Training und Übung herbeigeführt und verstärkt werden kann. Es wurden Methoden entwickelt, die die Glücksfähigkeit erhöhen sollen. Dabei ist das Ziel eine optimistische Lebenshaltung - und diese kann erlernt werden, so die These von Martin P. Seligman, dem Begründer der Positiven Psychologie.
Die verstärkte Ausschüttung von "Glücks-Botenstoffen" im Gehirn führt zur Verdichtung der für die Glücksfähigkeit zuständigen neuronalen Netze und das wiederum bewirkt, dass Glücksmomente häufiger und intensiver erlebt werden können. Nach den Vorstellungen der positiven Psychologie lässt sich Glück ähnlich trainieren, wie ein Muskel.
Auf dem Weg zum Glück?
Die Glücksforschung hat eine Reihe von praktischen Tipps entwickelt, die zur Steigerung des individuellen Glücksempfindens eingesetzt werden können. Dazu gehören etwa:
- Möglichst positive Herangehensweise an Probleme
- Konzentrierte Aktivität
- Körperliche Bewegung
- Vermeidung von unklaren Verhältnissen
- Verzicht auf schlechte Nachrichten
- Aufbau sozialer Netzwerke und Freundschaften
- Dosierte Risikobereitschaft
- Pflege von Ressourcen zur Erholung
Fragen
- Halten Sie sich für einen glücklichen Menschen?
- In welchen Situationen oder bei welchen Tätigkeiten erleben Sie Glücksgefühle?
- Sind Sie im Moment besonders unzufrieden - kennen Sie die Ursachen?
- Leiden Sie an einer psychosomatisch bedingten Erkrankung?