Hexenmusik
Paganini in Variationen
Paganinivariationen: "funkelnd wie Diamanten, aber noch ohne Fassung" - so beschreibt Robert Schumann Paganinis berühmte Solocapricen für Violine. Zwei Mal arrangierte Schumann je sechs der 24 Violincapricen Paganinis für Klavier.
8. April 2017, 21:58
Paganini in Arrangements
Wenn man bedenkt, wie kritisch Robert Schumann dem Virtuosentum gegenübersteht, wie hart er in seinen Kritiken mit Franz Liszt ins Gericht geht - dass er durch den "plötzlich kommenden Paganini gereizt" worden sei, "auf seinem Instrument das Äußerste zu versuchen", aber "als Komponist zurückgeblieben" sei, so verwundert es, dass Schumann dennoch Paganinis Capricen wählte, um sie für Klavier zu bearbeiten.
Und nicht nur Schumann ließ sich von den Melodien des viel bewunderten Teufelsgeigers inspirieren: Brahms, Chopin, Liszt, Rachmaninov, Lutoslawsky, Szimanowsky - alle variierten sie Themen oder arrangierten ganze Stücke Paganinis. Als Komponist wurde Paganini von den Fachkollegen nicht bewundert, aber als Virtuose und als Schöpfer genialer musikalischer Einfälle, die wie rohe Diamanten auf ihren Schliff und ihre Fassung warten.
Schumann
Zwei Mal arrangiert Robert Schumann je sechs der 24 Violincapricen Paganinis für Klavier. Einmal in seinen "Studien für das Pianoforte nach Violincapricen von Paganini", Op. 3 (1832) und ein zweites Mal in den "Konzertetüden nach Capricen Paganinis", Op. 10 (1833).
In einem Artikel stellt Schumann selbst sein zweites "Arrangement" vor. Die Meinung, Paganinis "Kompositionstalent" sei gegenüber seiner virtuosen Begabung unterschätzt, teilt Schumann nicht: "Kann man auch, wenigstens bis jetzt, hierin nicht vollkommen einstimmen, so zeigt sich doch in seinen Kompositionen und namentlich in seinen Violincapricen so viel Diamanthaltiges, dass die reichere Einfassung, welche das Pianoforte erheischte, dies eher festen als verflüchtigen möchte."
Hexenritt oder braves Tänzchen
Vergleicht man das Originial für Violine mit der Klavierfassung, so erscheint einem letztere zuweilen von aller teuflischen Exzentrik befreit, vergleichsweise brave Tänzchen - wie etwa bei dem Pianisten Marco Pasini (zu hören im ersten und zweiten Teil unseres Audios). Liegt dies an der Komposition, an der Natur der verschiedenen Instrumente oder daran, wie man diese Stücke Schumanns spielt? Jörg Demus weiß Schumanns Transkriptionen wesentlich mehr einen "Paganiniton" zu verleihen (Audio-Teil drei).
Einen ähnlichen, ja noch markanteres Unterschied findet sich bei dem berühmten Thema Paganinis aus seinem 24. Caprice - das wohl meistvariierte -, dem Johannes Brahms nicht weniger als 28 Variationen widmete. Nicht nur in den verschiedenen Variationen, nein schon bei der Vorstellung des Themas begegnen uns völlig verschiedene Spielweisen: Claudio Arrau (Audio-Teil vier) brilliert in galanter, virtuoser Leichtigkeit, Sviatoslav Richter hingegen (Audio-Teil fünf) macht aus diesem Thema das, was Clara Schumann gemeint haben muss, als sie diese Stücke "Hexenvariationen" nannte.
Hör-Tipp
Abenteuer Interpretation, Mittwoch, 20. Jänner 2010, 15:05 Uhr
CD-Tipps
Paganini, 24 Capricen, Tedi Papavrami (Violine), Pan Classics
"A Tribute to Paganini", Marco Pasini, Dynamic
Robert Schumann, Sämtliche Klavierwerke, Vol 5, Jörg Demus, Nuova Era
Johannes Brahms, Variationen auf ein Thema Paganinis Op. 35, Heft 2, Claudio Arrau, Philips
"The Authorised Recordings / Schumann, Brahms", Sviatoslav Richter, Polygram Records
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