Keine Strategien für den Umgang mit Daten

Vorratsdatenspeicherung

Nicht nur der Datenschutzverein Arge Daten kritisiert den aktuellen Gesetzesentwurf zur Vorratsdatenspeicherung, auch international regt sich Kritik. Das Parlament muss die Novellierung des Gesetzes erst beschließen, ob es soweit kommt ist fraglich.

"Es sind nicht Daten vor den Menschen zu schützen, sondern den Menschen ist in der Informationsgesellschaft das Grundrecht auf Privatsphäre zu sichern." Das ist der Leitspruch von Hans Zeger, dem Obmann des österreichischen Datenschutzvereins Arge Daten.

Nicht nur der Datenschutzverein Arge Daten kritisiert den aktuellen Gesetzesentwurf zur Vorratsdatenspeicherung, auch auf der Parlamentshomepage sind mittlerweile über 140 Stellungnahmen zum geplanten Telekommunikationsgesetz nachzulesen. Das Parlament muss die Novellierung des geplanten Gesetzes erst beschließen, ob es soweit kommt ist allerdings fraglich.

Hans Zeger ist der Meinung, dass die EU-Richtlinie gar nicht in österreichisches Recht umzusetzen ist. Die EU-Richtlinie verstößt nämlich gegen geltendes EU-Recht: gegen die EU-Charta. Die Verfassungsgerichtshöfe von Rumänien und Bulgarien haben die EU Richtlinie bereits abgelehnt.

Eingriff in die Privatsphäre und Unschuldsvermutung

Der Hauptkritikpunkt ist, dass das Speichern von Daten einen Eingriff in die Privatsphäre darstellt, da jedem Bürger das Recht auf unbeobachtete Kommunikation zusteht. Zudem befürchtet Zeger, dass jeder, von dem es auffällige Kommunikationsmuster geben wird, in Zukunft beweisen müsse, dass er nichts Rechtswidriges getan hat: "Schon die Tatsache, dass jemand zufälligerweise am falschen Ort war, und vielleicht irgendwann im Internet eine missverständliche Äußerung gemacht hat, über einen Politiker geschimpft hat, und sich negativ über eine Firma geäußert hat - das kann in Zukunft dazu führen, dass man verhört und angeklagt werden kann. Und selbst wenn sich dann herausstellt, da war eh nichts, der Ruf ist dauerhaft geschädigt!"

Der Grundsatz der Unschuldsvermutung würde somit nicht mehr gelten. Die Daten sollen außerdem nicht wie bisher, nur bei Verdacht auf schwere Straftaten, sondern auch für zivilrechtliche Prozesse benutzt werden. Also zum Beispiel bei Nachbarschaftsstreitigkeiten oder Verfahren zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber.

Hans Zeger von den ARGE DATEN kritisiert auch die fehlende Struktur: "Das große Debakel bei diesem Gesetz ist ja auch rein technisch gesehen, dass niemand weiß, wie er mit diesen Hundert Milliarden Datensätzen umgehen soll. Es gibt verschiedene Ideen, wie man diese Daten auswerten könnte, unter anderem dass man zum Beispiel verdächtige Telefoniermuster heranzieht. Und das kann jeden treffen!"

Graubereich Videoüberwachung

Seit Jahresbeginn ist ein neues Datenschutzgesetz in Kraft, das Bereiche der Videoüberwachung neu regelt. Ein Auskunftsrecht und genaue Regeln für Melden und Registrieren von Videoüberwachung sollen dafür sorgen, dass nur dort überwacht wird, wo es zulässig ist Überwacht werden darf beispielsweise in Juweliergeschäften, Supermärkten und Banken.

Verboten sind Kameras, die einen öffentlichen Bereich oder Gehsteig vor einem Geschäft mit überwachen. Ebenso nicht zulässig sind Kameras, die den höchstpersönlichen Lebensbereich betreffen: Umkleidekabinen und Toiletten, und der Zugang zur eigenen Wohnung dürfen nicht überwacht werden.

Laut Zeger wird aber auch die Novelle das Hauptproblem nicht lösen. Er schätzt, dass bei bis zu 100.000 Standorten in Österreich die Videoüberwachung nicht registriert, und daher rechtswidrig installiert wurde: "Die Rechtswidrigkeit wird auch weiter Bestand haben. Denn jemand, der eine Videokamera rechtswidrig installiert, den wird auch ein neues Gesetz daran nicht hindern."

Aktuelle Web 2.0 Entwicklungen

Verabsäumt wurde es in der Datenschutznovelle aktuelle Problematiken zu behandeln. Bei Cloud Computing oder Sozialen Netzwerken gibt es noch immer rechtliche Graubereiche, was mit persönlichen Daten passiert, wo sie gespeichert werden und wer darauf Zugriff hat.

Zeger kritisiert, dass die Politik der technischen und sozialen Entwicklung hinterherhinkt: "Zynisch gesehen könnte man sagen, Politik ist gesellschaftliche Entwicklung minus zwanzig Jahre. Eines der Probleme ist, gerade im Zusammenhang mit sozialen Netzen, dass ich nicht weiß, wo meine Daten verarbeitet werden und an wen ich mich wenden muss, damit ich meine Rechte durchsetzen kann."

Hör-Tipp
Digital.Leben, Montag bis Donnerstag, 16:55 Uhr

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