Über den Umgang mit Risikofaktoren

Eigenverantwortung

Ein ungesunder Lebensstil fördert das Risiko, an chronischen Leiden zu erkranken. Trotzdem sind immer mehr Menschen übergewichtig, bewegen sich zu wenig und/oder rauchen. Soll diese mangelnde Eigenverantwortung im Gesundheitssystem berücksichtigt werden?

Rund 800.000 Österreicherinnen und Österreicher bringen zu viel auf die Waage, über 80.000 sind sogar krankhaft übergewichtig. Jedes vierte bis fünfte Kind in Österreich ist zu dick. Jeder vierte 15-Jährige in Österreich raucht. Insgesamt rauchen 1,1 Millionen Männer und 1,2 Millionen Frauen in Österreich.

Die gesundheitlichen Folgen sind fatal. Experten schätzen, dass auf Grund des frühen Nikotinkonsums die Zahl der Lungenkrebsfälle, chronisch obstruktiver Lungenerkrankungen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen in den nächsten Jahren ansteigen wird.

Gesunder Lebenswandel senkt Erkrankungsrisiko

Gleichzeitig belegen Studien, dass ein gesunder Lebenswandel das Risiko für chronische Krankheiten deutlich senkt: Wer noch nie geraucht hat, viel Obst, Gemüse, Vollkorn und dafür wenig Fleisch isst, kein massives Übergewicht hat und sich pro Woche mehr als dreieinhalb Stunden bewegt, reduziert im Vergleich zu Menschen mit gegenteiligem Verhalten sein Erkrankungsrisiko um 78 Prozent.

Angesichts dieser Zahlen und eines immer schwieriger zu finanzierenden Gesundheitssystems stellt sich die Frage, ob die Eigenverantwortung der Menschen in unserem Gesundheitssystem nicht höher bewertet werden sollte. Sollen Menschen, die sich bestimmten Krankheitsrisiken aussetzen, für bestimmte Krankenkassenleistungen extra bezahlen müssen oder generell höhere Krankenkassenbeiträge zahlen? Bringt man durch Sanktionen Menschen dazu, gesünder zu leben?

Das österreichische Gesundheitssystem

Österreichs Gesundheitssystem basiert auf der gesetzlichen Krankenversicherung. Laut Handbuch der österreichischen Sozialversicherung 2008 des Hauptverbands genossen im Jahr 2007 rund 8,2 Millionen Österreicher diesen Schutz. Das entspricht einem Bevölkerungsanteil von 98,7 Prozent.

Wer wo versichert ist, hängt von der Beschäftigung des Versicherten ab. So sind etwa Wiener Angestellte und Arbeiter bei der Wiener Gebietskrankenkasse versichert, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ÖBB bei der Krankenkasse der Eisenbahnen, Beamte und Beamtinnen dagegen in der Sozialversicherungsanstalt der Beamten.

Entsprechend der Verfassungs- und Sozialversicherungsgesetze ist die Finanzierung des Gesundheitssystems pluralistisch. Die wichtigste Finanzierungsquelle ist die soziale Krankenversicherung. Die Krankenversicherungsbeiträge sind abhängig vom Einkommen des Versicherten.

Beispiel Übergewicht

Übergewicht bedeutet einen enormen Kostenfaktor im Gesundheitswesen. Die Kosten für Medikamente, Spitalsaufenthalte, Ambulanz- und Laborkosten ebenso wie die Gesamtkosten steigen mit dem Body-Mass-Index, ebenso die Zahl der Krankenstände. Rechnet man internationale Kostenschätzungen auf Österreich um, würden die Adipositas assoziierten direkten Gesundheitskosten für das Jahr 2004 227,7 bis1.138,5 Millionen Euro ausmachen. Diese Kosten entstehen aus den Behandlungen der Folgeerkrankungen der Adipositas, wie Bluthochdruck, Osteoarthritis, koronare Herzerkrankungen bei unter 65-Jährigen und Diabetes.

Ein soziales System

Das österreichische Versicherungssystem basiert auf einem solidarischen Finanzierungssystem. Das bedeutet, man geht davon aus, dass manche Bürger krank werden und manche nicht, daraus ergibt sich ein geringerer Krankenversicherungsbeitrag für alle.

"Würde man davon ausgehen, dass alle Österreicher krank werden, dann müssten die Beiträge um ein Vielfaches höher sein", sagt Prof. Robert Schlögel vom Bundesministerium für Gesundheit. Wenn man ein auf Risikofaktoren basierendes Versicherungssystem andenkt, stellt sich schnell die Frage: Welche Risikofaktoren werden sanktioniert und welche nicht? "Wenn ich von Menschen, die zum Beispiel Übergewicht haben oder rauchen, einen höheren Versicherungsbeitrag fordere, warum nicht auch von jenen, die keinen Sport betreiben?", meint Dr. Gottfried Endel vom Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger. "Am Ende haben wir dann eine Versicherung, die sich keiner mehr leisten kann, auch nicht die Wohlhabenden - denken sie nur an die Kosten einer Krebstherapie."

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Wenn Sie Fragen zum Thema haben, dann rufen Sie während der Sendung unter der kostenlosen Telefonnummer 0800 22 6979 an oder posten Sie hier.

  • Wie kann die Eigenverantwortung der Menschen im gesundheitlichen Bereich gefördert werden?
  • Soll ein ungesunder Lebensstil im Sozialversicherungssystem berücksichtigt werden?
  • Helfen Sanktionen und Gesetze dem Menschen dabei gesünder zu leben?
  • Haben Gesundheitsinitativen Einfluss auf ihren Lebenswandel?
Offen gebliebene Fragen werden nach der Sendung von einem unserer Sendungsgäste bis zirka 15:00 Uhr in unserem Online-Forum beantwortet.

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Hör-Tipp
Medizin und Gesundheit, Montag, 22. Februar 2010, 14:03 Uhr