Leben / Kunst / Werk

Otto-Muehl-Retrospektive im MAK

Erstmals wird im Wiener Museum für Angewandte Kunst (MAK) ein Gesamtüberblick über das künstlerische Werk des Wiener Aktionisten Otto Muehl gezeigt, der bisher vor allem als Gründer der Kommune am Friedrichshof in den Schlagzeilen stand, sowie durch eine 7-jährige Haftstrafe, die er wegen diverser Sittlichkeits - und Suchtgiftdelikte bis 1998 verbüßen musste.

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Heftige Kontroversen im Vorfeld der Schau haben die Frage "Kann man Kunst und Leben trennen?" zur meistdiskutierten der vergangenen Tage gemacht. Sie steht auch im Zentrum der Ausstellungsbesprechungen in den Tageszeitungen.

Der Standard

Die Leistung der MAK-Schau besteht für Markus Mittringer vor allem darin, den künstlerischen Wert Muehls zu diskutieren. Und da zeige sich, kein Erfinder, der das Malen selbst wesentlich erweitert hätte. Und auch kein Intellektueller, dem vermittels ausgetüftelter Konzepte daran gelegen wäre, die Kunstgeschichte voranzutreiben. "Die Schau im MAK zeigt einen Breitbandempfänger, einen, der aus der Umwelt nimmt, was ihm passt, sich ein Bild zu machen - von anderen und oft genug bloß von sich selbst."

Zur zentralen Frage, ob das Werk vom Leben zu trennen sei, sagt Markus Mittringer klar nein - weil das bei keinem Künstler sinnvoll sei. Teil der Berichterstattung im "Standard" ist auch eine umfassende Kunstdebatte mit Statements von Muehl selbst und seinen Kritikerinnen.
(3. März 2004)

Die Presse

Rezensentin Almuth Spiegler vermisst die deutlichere Darstellung der Kommunenzeit in der Ausstellung, auch wenn MAK-Direktor Noever diese Aufarbeitung nicht als Aufgabe des Museums bezeichnete, wie sie selbst schreibt. "In einer ernst zu nehmenden Retrospektive müsste die Kommune ihrem Status in Muehls Werk entsprechend dargestellt werden. Schließlich gilt sie als Fortführung seiner aktionistischen Kunst ins reale Leben." Die Kommunen-Koje im MAK sein eine "ängstlich-trotzige Notlösung". Das aus Muehls "extremen Lebenskontext herausgelöste Werk" wirke "ziemlich harmlos", "naive Flächenkunst, dekorativ, wie Souvenir-Malerei" sei sein portugisisches Alterswerk.

Fazit: "Otto Mühl wird als Wiener Aktionist und fatal gescheiterter Kommunen-Chef in die Kunst- und Zeitgeschichte eingehen. Nicht aber als Maler. Und nicht mit dieser Retrospektive. Sie wird seinem Lebenswerk nicht gerecht. Auch nicht als Diskussionsgrundlage."
(3. März 2004)

Kurier

Heriette Horny sieht die überschwängliche Einleitung des MAK-Direktors zum Muehl'schen Stellenwert nicht bestätigt. Noever spricht von einem "wichtigen, sogar sehr wichtigen Künstler, nicht nur für Österreich, sondern auch international".

Tatsächlich hersche Banales, Buntes, Figuratives vor und das Nachmalen Muehls bedeute nicht nur ein Hinterherhinken, sondern auch weniger Ausdrucksstärke. Die begleitende Glosse vermisst die Auseinandersetzung mit der Kommunenzeit und kritisiert, dass man sich dem Werk von Otto Muehl gerade nicht mit den Mitteln einer reinen Kunstschau annähern könne.
(3. März 2004)

Kleine Zeitung

Für Walter Titz steht die Darstellung des Aktionismus im Zentrum der Schau. Muehls malerisches Werk sein ein "Hinter-der-Kunstgeschichte-Hermalen", wobei die profunde Kenntnis der Selben nicht dazu angetan sei, den Wert von Muehls "gepinseltem Oeuvre erheblich zu steigern".
(3. März 2004)

Salzburger Nachrichten

Lazlo Molnar widmet in seiner Ausstellungsbesprechung viel der Vorgeschichte, ohne auf deren Bedeutung für die Einschätzung der Ausstellung einzugehen. Jedenfalls gelinge der Ausstellung, "die Aspekte eines Mannes zu versammeln, der Kunst und gewollten Skandal nie hat trennen können. Die Potenz dahinter ist auf jeden Fall zu erkennen."
(3. März 2004)

Wiener Zeitung

Im Gegensatz dazu spricht Edwin Baumgartner eher von künstlerischer Impotenz und bezeichnet die MAK-Schau rundweg als "Geldvernichtung unter moralisch höchst bedenklichen Umständen".

Er diskutiert die Frage, ob Muehls strafrechtliche Verfehlungen sein Künstlertum in Frage stellen könne, wie das im Vorfeld der Ausstellung geschehen ist, um die Frage mit "nein" zu beantworten und namhafte Gegenbeispiele zu nennen, aber: " Muehl ist als Künstler unbedeutend. Im Gegensatz zu den anderen Aktionisten wie Nitsch, Brus oder Valie Export gelang es ihm nie, eine eigene Ästhetik zu entwickeln. Muehls Arbeiten werden im Gegensatz zu denen von Gesualdo, Genet, Verlaine und Sickert (der Maler stand im Verdacht, Jack the Ripper zu sein, Anm.) lediglich durch seine Biografie interessant."