Harnoncourt mag’s pfeffrig

Kehlmann kritisiert Regietheater

Die Festspiele sind eröffnet. Daniel Kehlmann hat seine Regietheaterkritische Festrede mit dem Titel "Die Lichtprobe" gehalten und viel Zwischenapplaus geerntet. Für Kehlmann ist das Theater in Gefahr, leer und langweilig zu werden: "Denn wer ein Reihenhaus bewohnt, christlich-konservative Parteien wählt, seine Kinder auf Privatschulen schickt und sich dennoch als aufgeschlossener Bohemien ohne Vorurteil fühlen möchte, was bleibt dem anderes als das Theater? In einer Welt, in der niemand mehr Marx liest und kontroverse Diskussionen sich eigentlich nur noch um Sport drehen, ist das Regietheater zur letzten verbliebenen Schrumpfform linker Ideologie degeneriert."

Noch vor der Festspieleröffnung: Erste Probe für den Wiener-Philharmoniker-Zyklus in Salzburg. Nikolaus Harnoncourt in weißer Hose, Sandalen und legerem Hemd, beginnt mit Schuberts sogenannter Großer C-Dur-Symphonie. Ein Werk, das viel tänzerische Volksmusikeinflüsse hat und Harnoncourt ist unerbittlich, wenn es darum geht, von den Holzbläsern schmissige Phrasierungen musiziert zu bekommen und drängende Melodien von den Cellos - "als hätten Sie Pfeffer geschluckt".

Zu Schuberts Symphonie stellt der zweifache Neujahrskonzert-Dirigent Walzer von Josef Strauß. Nicht Johann, Josef. Der ältere Bruder des Walzerkönigs. Und für viele der geheimnisvollere Komponist. Man denke nur etwa an die Gänsehaut erregende Interpretation der „Libelle“ durch die Philharmoniker beim Legendären 1989er-Neujahrskonzert unter Carlos Kleiber. Den Abend eröffnet Anton Weberns fragile Bearbeitung von Schuberts Deutschen Tänzen.

Und weil die Philharmoniker bereits in der Mozartstadt sind, muss Adam Fischer bei den Proben auch nicht mehr ein Klavier im Orchestergraben dirigieren: Ein anderer Teil der philharmonischen Abordnung in Salzburg ist bereits bei Mozarts "Cosi" im Haus für Mozart im Probeneinsatz.

PS: Nicht nur die Philharmoniker sind da, sondern auch die erste Ausgabe des "Daily", der täglich erscheinenden Festspiel-Zeitung. Mit einem Daniel-Kehlmann-Porträt und einer Vorschau von Dramaturg Thomas Jonigk auf Händels "Theodora".

Mehr dazu in oe1.ORF.at
Daniel Kehlmanns Festrede

Links
Salzburger Festspiele - Zyklus Wiener Philharmoniker
Salzburger Festspiele - "Daily" als PDF